Veranstaltungskaufleute haben alles im Blick – vor, während und nach dem Event. Besonders gefordert sind sie, wenn etwas schiefgeht. Doch gerade darin liegt der Kick

Die Bitte, beim Sängerkrieg als Co-Moderatorin einzuspringen, kam ziemlich kurzfristig. Aber Finja Trebesch ist flexibel. „Das ist eine Grundvoraussetzung für den Beruf“, sagt die angehende Veranstaltungskauffrau. „Und außerdem wollte ich mir den Sängerkrieg ohnehin anschauen. Das ist ein besonderes Format, bei dem die Künstler gegeneinander antreten und das Publikum den Sieger kürt. Und das wollte ich mi rzusammen mit meinem Freund ansehen.“ Der durfte seine Freundin nun sogar auf der Bühne erleben.

Veranstaltungskaufleute konzipieren und organisieren Veranstaltungen und sorgen für deren reibungslosen Ablauf. Selbst auftreten müssen sie eher selten. „Im Opernloft allerdings kann das schon vorkommen“, sagt die Künstlerische Leiterin Inken Rahardt. Das Opernloft versucht durch verschiedene Formate Berührungsängste mit ,Hochkultur‘ beim Publikum gar nicht erst aufkommen zu lassen. Daher dürfen auch die Mitarbeiter nicht allzu schüchtern sein. Im Repertoirebetrieb treten hier vor allem junge Sänger auf, in Opern, die sich auch an Kinder, Jugendliche und Opern-Einsteiger richten. Da die Künstler noch am Anfang ihrer Karriere stehen, hat Finja es eher selten mit Diven zu tun. „Hier macht keiner eine Szene, weil der Kaffee kalt ist“, sagt die 21-Jährige. An Aufregung mangelt es trotzdem nicht. „Das Theater ist ein ganz besonderer Arbeitsplatz“, sagt Rahardt. „Kein Tag läuft wie geplant, immer passiert etwas Unvorhergesehenes.“ Kostüme zerreißen, Requisiten gehen kaputt, an der Garderobe muss ein unerwarteter Besucheransturm bewältigt werden. Flexibilität, Spontaneität, Selbständigkeit und Gelassenheit seien deshalb wesentliche Voraussetzungen für den Beruf, sagt Rahardt. „Eine Aussage, wie ‚das schaff ich nicht‘ ist hier einfach keine Option“, sagt sie. Auch Sätze wie ‚davon habe ich keine Ahnung‘ hört sie nicht gern. „Wozu gibt es Google? Wir suchen Menschen, die gern die Dinge selbst in die Hand nehmen und die Verantwortung übernehmen wollen.“

Die Anforderungen im Opernloft sind hoch, keine Frage. Wer sich für eine Ausbildung bewirbt, durchläuft deshalb zunächst ein Praktikum. Als Finja ihre Chance bekam, gab es noch eine weitere Praktikantin – aber nur einen Ausbildungsplatz. „Das hieß, ich musste mich abheben“, erinnert sie sich. Sie fragte nicht groß nach Aufgaben, sie legte los, packte an, wo immer es nötig war, auch über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus. „Unser Praktikum lief an einem Freitag aus, und abends wurde klar, am nächsten Tag war Not am Mann. Die andere Praktikantin hatte schon ihr Ticket nach Hause, ich konnte jedoch einspringen“, sagt Finja.

Seit dem 1. August 2013 ist sie Auszubildende und beschäftigt sich mit Betriebsprozessen und Branchenstrukturen, Veranstaltungsmarketing, Investition und Finanzierung sowie Rechnungswesen. Das Kaufmännische im Beruf sollten Bewerber nicht unterschätzen. Viel zu viele lassen sich vom Begriff „Veranstaltung“ in der Berufsbezeichnung blenden. „Aber Buchführung, das Berechnen der verschiedenen Mehrwertsteuern oder auch Belege sortieren für den Gesamtbetriebsablauf gehören ebenfalls zum Job dazu“, sagt Inken Rahardt.

Überhaupt stellt sie fest, dass sich Bewerber häufig eine falsche Vorstellung von dem Beruf und dem Arbeitgeber machen. „Viele bewerben sich, ohne jemals in einer Oper gewesen zu sein. Als Begründung für ihre Bewerbung führen sie an, sie würden Musicals mögen. Oder sie reden von Konzerten und meinen Pop, nicht Klassik.“ Auch sei eine Motivation wie „Ich liebe Partys, also werde ich Veranstaltungskaufmann“ nicht die richtige Voraussetzung für den Beruf, selbst wenn die Bewerbung statt ans Opernloft an eine Konzertdirektion oder Eventagentur geht. „Wir arbeiten, wenn andere feiern. Das gilt auch für Silvester oder den zweiten Weihnachtsfeiertag“, sagt Rahardt. Umso wichtiger sei es, dass der Freundeskreis und die Familie mitziehen. Doch der Einsatz lohne sich, ist Rahardt überzeugt. „Es ist ein wirklich anspruchsvoller Beruf, der die Möglichkeit bietet, viele Talente einzubringen und sich weiterzuentwickeln.“

Zudem ist es ein sehr vielseitiger Beruf und damit eine gute Grundlage für verschiedene Berufsfelder, die eventuell nach der Ausbildung interessant werden. „Ich habe jetzt schon in so viele unterschiedliche Bereiche reinschnuppern können: von allgemeinen Bürotätigkeiten über Marketingaufgaben und Pressetextschreiben bis hin zum Gästekontakt.“ Besonders gefalle ihr darunter das eigenverantwortliche Arbeiten. Zum Beispiel, wenn sie für das Gelingen des Abends verantwortlich ist. „Dafür gibt es eine eigene Checkliste: Sind alle Sänger da, die Requisiten am richtigen Ort, das Licht an, der Boden trocken, die Brezel frisch gebacken? All das muss ich im Blick haben – und das macht richtig Spaß.“

An solchen Abenden kann sie auch gleich ihre Qualitäten in der Mitarbeiterführung austesten. Der „Chef des Abends" verteilt und überwacht die verschiedenen Aufgaben im Vorderhaus, hinter der Bühne, in Gastronomie und Garderobe. Dies geschickt und souverän zu meistern, ist sicher eine Herausforderung für Azubis. Aber genau das hat Rahardt im Hinterkopf, wenn sie beim Vorstellungsgespräch fragt: „Lust auf eine Führungsrolle?“