Der erste Eindruck ist entscheidend. Ein wichtiger Einstieg ist Blickkontakt, ein Lächeln und ein fester Händedruck. Das sollten junge Leute üben, auch vor dem Spiegel

Es ist viele Jahre her, aber Maren Lehky sieht ihn noch förmlich vor sich, den Schweißtropfen, der von der Hand des Bewerbers auf die glänzende Tischplatte fällt. In dem Moment für den Kandidaten höchst peinlich und erst recht schweißtreibend, aber im Nachhinein ein Glücksfall: die Personalverantwortlichen sahen darin mehr Marker als Makel und stellten den Bewerber ein. „Der wollte den Job unbedingt haben, die durchgeschwitzte Hand war nur ein Zeichen seines Engagements“, sagt Lehky.

Die Beraterin unterstützt heute Unternehmen in Fragen der Personalarbeit, zuvor hat sie viele Jahre lang selbst Bewerbungsgespräche durchgeführt. Zwei Erfahrungen daraus möchte sie Berufseinsteigern mit auf den Weg geben. Erstens: Es geht mehr um Persönlichkeit als um Perfektion – siehe den Fall des Schweißtropfens. Zweitens: Wer zu viel Raum für sich beansprucht und eine Show abzieht, kippt schnell ins Unsympathische. Daher lautet der Rat: „Sei wie du bist, aber verpacke es businesstauglich. Sei weder zu locker, noch besonders cool.“

Verpackung, sagt Lehky – und nicht Verkleidung. Niemand erwarte von Schulabgängern, dass sie im maßgeschneiderten Anzug antreten, aber der Personaler wünsche sich einen Auftritt, der Wertschätzung ausdrückt. „Sakko und Jeans, das geht überall“, sagt die Soziologin. Sofern denn auch die Accessoires stimmten: „Ausgetretene Turnschuhe und Fahrradkuriertasche gehören nicht in die Geschäftswelt.“

Ein Vorstellungsgespräch ist der Eintritt in eine fremde Welt mit anderen Regeln, als die Bewerber es vom Schulhof kennen. Aber sie können sich ihr Schritt für Schritt nähern. Zum einen durch schriftliche Ratgeber, Praktika oder Projektwochen in der Schule. Zum anderen durch Karriereberater wie Carsten Pählke, der Gymnasien besucht und mit Oberstufenschülern den Ernstfall probt. Sein Rat: „Bereitet euch gut vor, beschäftigt euch mit den Produkten des Unternehmens, seiner Philosophie und gerne auch mit der Marktentwicklung. Das gibt euch Sicherheit im Gespräch.“ Das komme zudem bei den Gesprächsteilnehmern gut an. „Gerade der Mittelstand ist stolz auf seine Produkte“, sagt Pählke.

Auch Maren Lehky betont die Bedeutung einer guten Vorbereitung, will diese jedoch nicht nur auf die Inhalte beschränken. Wichtiger Auftakt sei ein Lächeln, Blickkontakt sowie ein fester Händedruck. „Man kann den ersten Eindruck gar nicht hoch genug einschätzen“, sagt die frühere Personalchefin und rät, die Begrüßung zu üben. „Junge Leute klatschen sich ab oder geben sich Küsschen. Also sollten sie vor dem Spiegel oder Smartphone einstudieren, wie es anders geht: den zupackenden Händedruck, bei dem man deutlich seinen Namen nennt.“

Wenn Personalvermittler Pählke Bewerbungsgespräche führt, stellt er sich nach der Begrüßung und Smalltalk-Phase meist selbst vor. Anschließend gibt er den Ball an die Bewerber weiter. „Der Auslandsaufenthalt, das Praktikum oder die Tätigkeit als Streitschlichter, all das ist für die Personaler interessant und sollte an dieser Stelle genannt werden“, rät Pählke. Die Vorstellung des eigenen Lebenslaufes darf geübt, aber nicht einstudiert werden, mahnt Lehky: „Das Auswendiglernen entfernt mich von mir selbst. Ich wirke dann emotionslos.“

Es schadet eben auch nichts, so machen die Personaler deutlich, wenn die Bewerber mal die Brille ihrer Gesprächspartner aufsetzen – Menschen, die täglich viele Gespräche führen und schlichtweg gelangweilt sind, wenn sie ständig nur diese 08/15-Antworten aus den Ratgebern hören. „Ich möchte als Personalchef auch unterhalten und berührt werden“, sagt Maren Lehky. Als die Berufseinsteigerin in ihrem ersten Vorstellungsgespräch im Otto Versand nach ihrer Motivation gefragt wurde, erzählte sie aus Kindertagen und dem gemütlichen Blättern mit der Großmutter im Otto-Katalog. „Solche emotionalen Erfahrungen kommen bei Personalverantwortlichen erfrischend rüber“, sagt Lehky.

Werdegang, Motivation, Stärken, Schwächen – es sind durchaus noch die alten Fragen, selbst wenn sie in neues Gewand verpackt werden. „Woran müssen Sie aus Sicht Ihrer Eltern noch arbeiten?“, heißt es dann beispielsweise. Egal, wie die Antwort lautet, wer Eigenschaften von sich nennt, sollte immer ein Beispiel parat haben, fordert die Beraterin. Beliebt sei zudem die Zukunftsfrage, selbst wenn sie viele Berufseinsteiger überfordere. „Ich kann das heute noch nicht sagen“, ist in dem Fall eine legitime Antwort, so Lehky.

Zeige Haltung und Interesse bis zum Schluss, ermuntert Carsten Pählke. „Auch bei der Columbo-Frage.“ Das Markenzeichen des schrulligen Inspektors Columbo war der Satz: „Eine Frage hätte ich da noch.“ Im Vorstellungsgespräch wird den Bewerbern damit die Möglichkeit eingeräumt, eine Abschlussfrage zu stellen. „Lassen Sie sich das Werk oder den Arbeitsplatz zeigen, aber fragen Sie bloß nicht nach der Zahl der Urlaubstage“, rät Pählke. Vor Kurzem hat er selbst einen Azubi gesucht. Drei der vier Kandidatinnen seien zu spät gekommen, aber keine habe sich vorab dafür entschuldigt. „Dabei haben die doch alle ein Handy“, sagt Pählke.