72 Prozent der berufstätigen Frauen mit Kindern bis zum Grundschulalter machen Teilzeit. Kristina Lechelt bei Tchibo ist eine von ihnen. Sie weiß: Das Leben zwischen Kindern und Job will geplant sein.

Wenn Kristina Lechelt den Outlook-Kalender in ihrem Büro bei Tchibo öffnet, sind dort nicht nur Projekt-Termine oder Agentur-Meetings vermerkt, sondern auch Kekse backen, Laterne laufen oder das Osterfest im Kindergarten. „Das Leben zwischen Kindern und Job bedarf eben einer exakten Planung“, sagt die Mutter zweier Kinder und lacht.

Schließlich muss sie ihre Zeit gut aufteilen zwischen dem vierjährigen Sohn, der zweijährigen Tochter und ihrem 28-Stunden-Job als Senior Managerin E-Commerce. Als solche kümmert sie sich um Projekte rund um den Newsletter des Kaffeekonzerns, zum Beispiel um neue Anmeldemöglichkeiten für Nutzer des Onlineshops oder die Weiterentwicklung der Mail-Software. Vor der Geburt ihres Sohnes war Lechelt darüber hinaus auch für die Inhalte des Newsletters verantwortlich. Dass sie sich heute ausschließlich um das Projektgeschäft kümmern kann, lag an Umstrukturierungen, die während ihrer Abwesenheit stattfanden – und die heute gut zur Teilzeit passen: „Das Projektgeschäft rund um den Newsletter ermöglicht eine flexible Einteilung der Arbeitszeit und verträgt sich sehr gut mit Teilzeitarbeit“, sagt Lechelt.

Mütter dürfen nicht vergessen, dass Teilzeit auch weniger Rente heißt

Ob man nach der Elternzeit wie Kristina Lechelt in Teilzeit oder gleich in Vollzeit wiedereinsteigt, ist immer eine individuelle Entscheidung. „Eine generelle Empfehlung gibt es nicht“, sagt Susanne Dreas, Bereichsleiterin Frau & Karriere bei der Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung (KWB). „Man sollte dabei jedoch nicht ausblenden, dass eine Reduktion der Stunden mit spürbaren Lohn- und späteren Renteneinbußen einhergeht und meist die Karriere ausbremst.“ Dennoch entscheiden sich die meisten für diese Variante. Laut einer Studie vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) liegt die Teilzeitquote bei Hamburger Müttern mit Nachwuchs im Kindergarten- und Grundschulalter bei 72 Prozent.

Das Recht auf Teilzeit nach der Rückkehr garantiert Müttern und Vätern das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Ablehnen darf der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch nur aus dringenden betrieblichen Gründen. Wer trotz Ablehnung nicht wieder voll arbeiten möchte und wem die Firma nachweislich nicht anderes anbieten kann, muss mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen.

Wer wieder Vollzeit arbeiten will, muss warten, bis eine solche Stelle frei ist

Wie flexibel sich der Arbeitgeber später mit einer erneuten Aufstockung der wöchentlichen Arbeitsstunden zeigt, hängt von den Umständen ab. „Wir stehen dem offen gegenüber“, sagt zum Beispiel Jochen Zielke, Personalleiter beim Gabelstaplerhersteller Still. Gleichwohl müsse der Bedarf an Mehrarbeit im Betrieb gegeben sein, was in der Regel heiße, dass das Vorhaben einen längeren Vorlauf braucht. Immerhin: „Teilzeitarbeiter sind laut Gesetz beim Aufstocken vorrangig zu behandeln, wenn eine Stelle mit mehr Stunden frei wird“, sagt Susanne Dreas von der KWB. Damit die Umsetzung später glatt läuft, rät sie dazu, vor der Elternzeit ein Abschlussgespräch mit dem Vorgesetzten zu führen, bei dem bereits die grobe Stundenzahl nach der Rückkehr und eine eventuelle spätere Aufstockung festgezurrt werden sollten. Die Ergebnisse daraus hält man am besten im Arbeitsvertrag fest.

Solch ein Gespräch gehört auch bei Still zum Standard. „Die Pläne bereits im Detail ein oder zwei Jahre vorher festzuzurren, macht dann aber oft keinen Sinn“, ist die Erfahrung von Personalleiter Jochen Zielke. Sechs bis drei Monate vor der Rückkehr sollten die gewünschte Stundenzahl und deren Verteilung jedoch grob feststehen. Bei Still wird eine schriftliche Vereinbarung acht Wochen vorher abgeschlossen, sieben Wochen müssen es laut Gesetz sein.

Kristina Lechelt machte sich mit ihrem Mann daran, in einer Excel-Tabelle ihren möglichen Arbeits- und Betreuungszeiten aufzulisten. Bei den beiden ist der Organisationsbedarf besonders hoch: Beide arbeiten in Teilzeit. Richtig problematisch wurde es aber nur, als die Familie vor gut einem Jahr nach Moisburg ins neue Eigenheim zog. „Dort bekamen wir in der Kita für unseren Sohn nur einen Platz bis 13 Uhr.“

Doch die Lücke konnte dank eines guten privaten Netzwerks geschlossen werden: Einmal pro Woche springt die Oma ein, und zweimal wöchentlich wechseln sich die Lechelts bei der Kinderbetreuung am Nachmittag mit einer befreundeten Familie aus der Nachbarschaft ab. „Das klappt natürlich nur, solange alle gesund sind“, sagt Kristina Lechelt. Andernfalls greift Plan B: Ihr Mann arbeitet vormittags von 7 bis 13 Uhr, sie dann im Anschluss bis in den späten Abend. Beide Arbeitgeber zeigen sich hier flexibel. Schließlich müssen sie so auch nicht die vom Gesetzgeber vorgesehenen Krankheitstage für ihre Kinder in Anspruch nehmen – pro Kind und Elternteil sind das zehn Arbeitstage im Kalenderjahr, bei Alleinerziehenden 20 Tage.

„Es ist immer wichtig, den Partner in das neue Arbeitszeitmodell einzubinden“, sagt Dreas. Aber auch die Firma kann einiges für die Vereinbarkeit von Job und Familie tun. Ob Home-Office, Job-Sharing, flexible Arbeitszeit oder Eltern-Kind-Zimmer: „Man sollte sich nie davon abschrecken lassen, wenn der Vorgesetzte sagt, so etwas gab es noch nie bei uns“, sagt Susanne Dreas. Bei Still hat man schon einiges probiert: „Gleitzeit und Langzeitarbeitskonten stehen ohnehin allen offen“, sagt Zielke. Auch Arbeiten im Home-Office komme immer wieder vor. Job-Sharing werde in der Produktentwicklung praktiziert, wo sich zwei Kolleginnen eine Stelle teilen. „Das wurde damals einfach ausprobiert, und es funktioniert sehr gut.“ Auch eine Führungskraft in Teilzeit kann sich der Personalleiter für Still durchaus vorstellen. „Wichtig für uns ist ein berechenbarer Ablauf.“

Kristina Lechelt arbeitet vier Tage die Woche in der Regel von 9.30 bis 17Uhr, kann aber bei Bedarf flexible Arbeitszeiten nutzen. Da ihr Mann die Kinder aus der Kita abholt, sind spontane Überstunden ohne Probleme machbar. „Einigen fällt gar nicht auf, dass ich in Teilzeit arbeite“, sagt sie. Wird eines der Kinder krank, erledigt sie Dringliches schon mal per Notebook von zu Hause. „Ich könnte auch komplette Tage im Home-Office arbeiten, dann würde mir aber der Austausch vor Ort fehlen.“