Ein Kommentar von Mark Hübner-Weinhold

Teeküchen sind so etwas wie ein negativer Zen-Garten. Während im japanischen Steingarten eine faszinierende Ordnung herrscht und Mönche beim Betrachten der geschwungenen Linien meditieren, stapeln sich in der gemeinen deutschen Teeküche Becher und Teller. Hier gilt das Prinzip der dreisten Hoffnung: Irgendwer wird schon in die Spülmaschine einräumen, die Kaffeemaschine sauber machen, Kannen ausspülen. Machen die Kollegen das zu Hause auch so?

Es schwingt also – außer dem Mief von Essensresten – eine greifbar negative Energie in diesem Raum, der eigentlich dazu dienen soll, die Arbeitsatmosphäre zu verbessern. Doch verpesten Kollegen dieses Klima gern zusätzlich mit verbaler Diarrhö. Wenn Menschen zusammenkommen, egal, ob an Wasserlöchern in der Savanne oder in Luxusteeküchen der besten Arbeitgeber, verbringen sie die meiste Zeit mit Mosern. Egal, wie angenehm ein Außenstehender die Arbeitsbedingungen empfinden würde: Es wird kräftig eingedroschen – auf Kollegen, den Chef, die Kantine, die Personalabteilung, das Unternehmen überhaupt. Meckern, Lästern, Klagen lautet der betriebliche Teeküchen-Dreikampf. Und manche Kollegen bringen es zu wahrhaft olympischer Reife.

Dieses Verhalten können Chefs kaum ändern. Aber sie können die Teeküche umfunktionieren. Indem sie vorbildlich vorangehen und selbst ihr Geschirr und das der Kollegen wegräumen. Mitarbeiter registrieren das mit feinen Sensoren; das spricht sich herum. Noch wichtiger: Mitarbeiter in der Teeküche anzusprechen und gezielt zu loben. Damit wird der negativen Energie der Boden entzogen. Die Teeküche kann so ein Zen-Garten guter Mitarbeiterführung werden.