Literatur suchen, Einstieg finden – wissenschaftliche Aufsätze zu verfassen, fällt gerade Erstsemestern schwer. So bewältigen Sie typische Probleme

Die ersten Hausarbeiten im Studium können schnell zum Albtraum werden: Der eine verzettelt sich bei der Literatursuche, der andere findet keinen guten Einstieg, wiederum ein anderer hat keine Lust mehr, das Werk vor der Abgabe noch einmal kritisch durchzulesen. Alles typische Fehler von Studienanfängern – und alles Fehler, die sie vermeiden könnten.

„Eigentlich müssten alle Erstsemester in einer Einführung vermittelt bekommen, wie man eine wissenschaftliche Arbeit verfasst“, sagt Jacqueline Dagdagan, die Amerikanistik studiert und sich auf das Thema Lehr- und Lernforschung spezialisiert hat. Doch häufig seien die Tutorien sehr kurz oder die Hochschule verzichte komplett darauf, kritisiert sie. Das führe dazu, dass Studienanfänger sich mit der ersten Hausarbeit schwertun. Wer allerdings ein paar Tipps beachtet, ist schnell fit im Schreiben – und kann mit den typischen sieben Problemen erfolgreich umgehen.

Problem 1 – Thema finden: „Ein Thema so einzugrenzen, dass man es auf zehn bis 15 Seiten behandeln kann, daran scheitern viele Erstsemester“, erklärt Dagdagan. Haben sie zum Beispiel ein Seminar über die moderne Geschichte Nordafrikas besucht, wäre das als Hausarbeitsthema zu umfassend. Besser wählen sie ein kompakteres Unterthema, zum Beispiel die Rolle Ägyptens im Zweiten Weltkrieg. „Außerdem braucht man eine klare These in der Hausarbeit als roten Faden“, sagt Schreibtrainer David Kreitz. Die These sollte Antwort auf drei Fragen geben: Was ist mein Thema? Welche Frage darin beschäftigt mich? Was ist meine Vermutung?

Problem 2 – Zu wenig Kommunikation mit dem Betreuer: „Wenn man nicht nachfragt, hapert es oft schon an Formalien wie der Länge, dem Zeilenabstand oder der Zitierform“, sagt Ulrike Pospiech, die sich als Germanistin auf Schreibdidaktik spezialisiert hat. Außerdem sollten Erstsemester mit dem Betreuer früh über das geplante Thema sprechen. Falls er es für ungeeignet hält, kann er so rechtzeitig Alternativen vorschlagen. Erwartet der Betreuer bei der Besprechung bereits eine Gliederung, so lässt sich diese bei einem Termin in der Schreibwerkstatt der Hochschule erarbeiten. Diese Werkstätten gibt es an fast jeder Uni oder FH. Die Angebote richten sich teils an Studienanfänger, teils auch an ältere Studenten mit Problemen bei der Arbeitsorganisation.

Problem 3 – Literatursuche ohne Plan: „Erstsemester googeln häufig in letzter Minute oder suchen nach einem Begriff – zum Beispiel ‚Ägypten‘ – nur im Titelverzeichnis der Bibliothek“, hat Pospiech beobachtet. „Das ist wenig zielführend.“ Stattdessen empfiehlt sie das „Schneeball-System“: ein bis zwei Grundlagen-Bücher zum Thema besorgen, am besten auf einen Tipp des Betreuers hin. Dort können Studenten dann im Literaturverzeichnis nachschlagen, welche Bücher und Fachartikel zum Thema passen.

Problem 4 – Falsche Lesegewohnheiten: „Akademische Texte sind keine Romane, sondern Steinbrüche für Wissen“, sagt David Kreitz. „Ich muss aus den Texten das herausschürfen, was ich brauche.“ Das heißt: Bücher nicht von vorn bis hinten durchlesen, sondern über Inhaltsverzeichnis, Einleitung und Schluss schnell herausfinden, wo die für die Fragestellung relevanten Infos stehen. Außerdem empfiehlt Kreitz, bei der Hochschule anzufragen, ob man dort kostenlos eine Lizenz für Literatur-Verwaltungsprogramme wie „Citavi“ oder „Endnote“ erhalten kann. „Damit kann ich meine Literatur für die Hausarbeit einfach ordnen und automatisierte Fußnoten erstellen.“

Problem 5 – Kein Bock auf Notizen:„Man muss beim Lesen immer Anmerkungen schreiben. Wo kann ich dieses Zitat verwenden, womit setze ich diese Passage in Verbindung?“, sagt Jacqueline Dagdagan. Schließlich sollen Studenten „nicht Gelesenes wiederkäuen“, ergänzt Ulrike Pospiech, sondern eigene Gedanken zeigen. Gut sei etwa, diese auf selbsthaftende Zettel zu schreiben und sie an den entsprechenden Stellen ins Buch zu kleben.

Problem 6 – Die Angst vor dem leeren Blatt: „Wenn ich vor dem PC apathisch auf den weißen Bildschirm starre, sollte ich erst einmal zu Stift und Papier greifen“, rät Dagdagan. Denn auf Papier mit Ideen zu spielen, kann eine Schreibblockade lösen – schließlich hat man vor dem Wort, das auf dem Monitor erscheint, größeren Respekt als vor seinen handschriftlichen Notizen.

Aus den zusammengesuchten Infos und Ideen können Erstsemester später auf zwei Arten eine Hausarbeit formen: Entweder sie schreiben einfach drauflos und rekonstruieren später, wo sie welche Quelle verwendet haben. Oder sie schlagen bei jedem Stichpunkt nach, woher Ideen oder Zitate stammen, und tragen den Namen des Autors und die Seite direkt als Fußnote ein. Wichtig: Wer beim Schreiben mit der Einleitung startet, muss am Ende überprüfen, ob der Text auch tatsächlich das wiedergibt, was dort angekündigt war.

Problem 7 – Schnellschuss bei der Abgabe: „Viele Studenten redigieren ihre Texte nicht oder zu schludrig“, sagt Schreibexpertin Pospiech. „Ich muss den Text aber auf mehreren Ebenen prüfen, am besten ausgedruckt auf Papier“, ergänzt Kreitz. Zunächst sei es wichtig, Inhalt und Struktur der Arbeit zu checken. „Da sind Kommilitonen die besten Gegenleser: Sie haben Ahnung vom Thema.“ Dann müssen Rechtschreibung und Grammatik auf den Prüfstand. „Hier können auch Familie und Freunde redigieren.“

Ist die Hausarbeit ein- oder besser noch zweimal auf allen Ebenen durchgecheckt, müssen auch Deckblatt und Inhaltsverzeichnis ein weiteres Mal kontrolliert werden. Passt der Titel noch, sind die Seitenangaben richtig? „Die erste Hausarbeit muss nicht perfekt sein, das erwartet niemand“, beruhigt Lernforscherin Jacqueline Dagdagan. „Aber wenn ich mir als Erstsemester etwas mehr Zeit nehme, kann ich mir Wissen und Routinen aneignen, die ich im Studium immer wieder brauchen werde.“