Noch immer entscheiden sich die meisten Absolventen für ein Masterstudium. Doch das ist gar nicht zwingend nötig. Bei vielen Unternehmen sind Bachelor-Abschlüsse gern gesehen.

Drei von vier Uniabsolventen und mehr als jeder zweite Fachhochschulabsolvent schließen ihrem Bachelorabschluss mehr oder weniger nahtlos ein zweites Studium an. Das zeigt eine Umfrage des HIS Instituts für Hochschulforschung gemeinsam mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und dem IW Köln. Als Grund geben rund zwei Drittel der befragten Jungakademiker an, den eigenen Arbeitsmarktchancen mit dem Bachelorabschluss nicht so richtig zu trauen.

Fragt man in den Unternehmen nach, scheint diese Sorge eher unbegründet. „Für Kandidaten beider Abschlussarten sind die Berufschancen bei uns gut“, sagt zum Beispiel Nicole Heinrich, Abteilungsleiterin Ausbildung und Personalmarketing beim Versandhandelskonzern Otto in Hamburg. Bachelor-Abschlüsse würden vor allem gern in Bereichen mit operativen Aufgaben wie Textileinkauf, Personal, Neue Medien gesehen.

Bereiche mit strategischer Ausrichtung wie Controlling oder Group Development griffen eher auf Bewerber mit Master-Abschlüssen zurück. „Das Aufgaben- und Anforderungsspektrum bei Otto wird allgemein immer vielseitiger und spezifischer. Daher wünschen wir uns Kandidaten mit verschiedensten Backgrounds, Ausbildungswegen und Erfahrungen“, sagt Heinrich.

Laut der HIS-Studie stehen den Absolventen bei der Mehrheit der Unternehmen fast alle Bereiche offen. Einschränkungen gibt es nur bei Positionen, die vertieftes Spezialwissen voraussetzen – wie in der grundlagenorientierten Forschung, in der Beratung oder auch als Vorstandsassistent. Aufgrund der höheren Akademikerquote haben größere Unternehmen bereits mehr Erfahrung mit Bachelor-Absolventen, insbesondere in der Dienstleistungsbranche sind sie stärker vertreten.

„Wir suchen Talente – diese dürfen gern einen Bachelor-, aber genauso gern einen Master-Abschluss haben“, heißt es zum Beispiel bei der Deutschen Telekom. Bei den Einstiegspositionen macht der Konzern keinen Unterschied zwischen Bachelor, Master oder Diplom. Die Zeiten, in denen Firmen grundsätzlich mit dem Motto „Wir wollen die Besten“ unterwegs waren, seien für die große Mehrheit der Unternehmen vorbei. Entsprechend unwichtiger werde auch die Frage nach dem formalen Abschluss, sagt Christian Fischer von der Telekom zur Personalauswahl.

Zu den Ausnahmen zählt die Beratungsbranche, wo Karrierewege stark formalisiert sind. Zwar stellen McKinsey, Boston Consulting Group oder Deloitte durchaus Bachelor ein. Nach zwei bis drei Jahren im Job wird jedoch ein Masterstudium erwartet, sonst ist die nächste Karrierestufe versperrt. Im Gegenzug unterstützen die Unternehmen vielversprechende Kandidaten bei berufsbegleitender Weiterbildung, zum Beispiel durch Teilzeitmodelle, Freistellung oder finanzielle Zuschüsse.

Die Mehrheit der Firmen verzichtet auf spezielle Karrierepfade oder Einstufungen für Bachelor. Typische Einstiegspositionen sind Sachbearbeitung oder eigenständige Bearbeitung einer Projektaufgabe. Auch die Gesamtverantwortung für ein Projekt wird ihnen übertragen. Bei diesen Positionen, die mehr Eigenständigkeit verlangen, sind (ältere) Bewerber mit Masterabschluss zwar im Vorteil. Insgesamt zählt aus Sicht der Unternehmen aber weniger der Abschluss als das Gesamtprofil: Mit Auslandserfahrung, Praktika und gesellschaftlichem Engagement können Bachelorabsolventen punkten.

Auch die Einstiegsgehälter sind eher fächer- als abschlussabhängig und orientieren sich an den Anforderungen der Position. Zwei Drittel der Firmen zahlen Bachelor-Absolventen das gleiche Gehalt wie Diplom-Absolventen, so ein Studienergebnis. „Der Verdienst wird bei uns grundsätzlich individuell verhandelt und richtet sich vor allem nach der Position, die es zu besetzen gilt und den Qualifikationen, die der Kandidat dafür mitbringt“, bestätigt Nicole Heinrich von Otto.

Auch bei der Deutschen Telekom ist der Masterabschluss nicht mehr wert: „Sollte der Masterabsolvent in seinem Studium eine Zusatzqualifikation erworben haben, die nachweislich wertvoll für seine Tätigkeit bei der Telekom ist, so kann es theoretisch sein, dass er höher bewertet wird“, betont Christian Fischer. Doch das sei nicht die Regel. Ob der Berufseinstieg gelingt, hängt eher von der Fachrichtung ab als vom Abschluss. Insbesondere Absolventen der MINT-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und der Wirtschaftswissenschaften finden auch als Bachelor gut bezahlte und befriedigende Jobs. In Bereichen, wo Arbeitsplätze knapp sind und die Konkurrenz größer ist, kann jedoch der Master oder die Promotion vorteilhaft sein.

Einmal im Unternehmen angekommen, steht der Karriere des Bachelors nichts Formales im Wege: Bei der Auswahl für Fach- und Führungspositionen zählt nach Angaben der Unternehmen vor allem die Einstellung der Kandidaten und die persönliche Leistung.