Zum Berufseinstieg wünschen sich Hochschulabsolventen attraktive Aufgaben und ein harmonisches Umfeld. So finden Sie den richtigen Arbeitgeber

Hochschulabsolventen wissen, was sie von einem Arbeitgeber wollen: abwechslungsreiche Aufgaben, die Chance zur persönlichen Entwicklung und das Gefühl, geschätzt zu werden. Das ergab in diesem Jahr eine gemeinsame Umfrage des Forschungsinstituts Trendence und des Karrierenetzwerks e-fellows unter berufstätigen Akademikern mit ein bis acht Jahren Erfahrung. Junge Talente scheinen heute eher nach einem harmonischen Arbeitsumfeld zu suchen als nach dem Haifischbecken.

Kevin Nguyen, der Logistik/Technische BWL an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg studiert hat, kann das bestätigen: „Die Arbeit soll abwechslungsreich sein, ich möchte viel lernen und viel mit Kunden zu tun haben“, sagt der 25-Jährige. Darüber hinaus wünscht er sich Entwicklungschancen, „die Möglichkeit, höhere Positionen zu erreichen und Verantwortung zu übernehmen“. Und das Arbeitsklima ist ihm wichtig, sagt der Hamburger. „Ein vertrauensvoller Umgang mit den Kollegen, eine flache Hierarchie.“

Auch Eva Christina Werner, Betriebswirtschaftsstudentin im sechsten Semester an der Nordakademie – Hochschule der Wirtschaft in Elmshorn, möchte in ihrem künftigen Job Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume haben und eigenverantwortlich arbeiten. Von einem künftigen Arbeitgeber erwartet die 25-Jährige, dass er ihr gute Entwicklungsmöglichkeiten bietet nach den Prinzip Fördern durch Fordern. Eine langfristige Bindung an ein Unternehmen kann Werner sich gut vorstellen. Warum ihr ein positives Betriebsklima wichtig ist? „Studien belegen, dass ein gutes Betriebsklima Mitarbeiter motiviert und die Leistungsbereitschaft steigert“, sagt die Studentin.

Unternehmen können allerdings noch nicht ganz mit den Erwartungen der Studenten und Absolventen mithalten. Schon im Bewerbungsprozess holpert es mitunter kräftig: Jeder dritte Befragte der Trendence-Studie empfand den Ablauf des Bewerbungsverfahrens, an dem er zuletzt teilgenommen hatte, als „intransparent“. Ebenso viele haben nach eigenen Angaben zu lange auf eine erste Reaktion des potenziellen Arbeitgebers gewartet. Und auch das zeigte die Umfrage: Nur jeder zweite Befragte würde seinen aktuellen Arbeitgeber weiterempfehlen.

Jeder Bewerber sollte prüfen, ob der Arbeitgeber zu seinen Werten passt

Was möglicherweise aber auch daran liegt, dass die Wahl des Unternehmens nicht hundertprozentig sorgfältig war. „Jeder Bewerber sollte sich nicht nur darüber Gedanken machen, ob er alle geforderten Voraussetzungen mitbringt, sondern auch, ob ihm das jeweilige Unternehmen oder die Branche liegt und ob es zu seinen persönlichen Stärken und Eigenschaften passt“, sagt Managementberater Andreas von Studnitz aus Rendsburg.

Gemeinsam mit David Scheffer, Professor für Wirtschaftspsychologie und Personalmanagement an der Nordakademie, hat von Studnitz sieben Fragen zusammengestellt, die sich Bewerber stellen sollten, bevor sie die Bewerbung bei einem bestimmten Arbeitgeber ins Auge fassen:

Möchte ich lieber in einer Metropole oder in der Provinz arbeiten?

Brauche ich in meinem Job feste Strukturen, oder benötige ich eher viel Flexibilität, wenig Hierarchie und zügige Entscheidungen?

Habe ich gern mit Menschen zu tun, oder arbeite ich lieber für mich alleine?

Wie wichtig sind für mich Harmonie, Teamgeist und schnelle Problemlösung am Arbeitsplatz?

Warum möchte ich ausgerechnet in dieser Branche arbeiten?

Will ich mich möglichst schnell etablieren, und suche ich einen Job fürs Leben, um beispielsweise eine Familie zu gründen? Oder bin ich lieber unabhängig und möchte in kürzeren Abständen in anderen Unternehmen Erfahrungen sammeln?

Was weiß ichwirklich über das Unternehmen, und welchen Ruf genießt es in der Branche und als Arbeitgeber?

Die Chance, den passenden Job zu finden, steigt bei Bewerbern, die diese Fragen für sich ehrlich beantwortet haben, sagt Personalexperte Andreas von Studnitz.

Logistik-Absolvent Kevin Nguyen hat mit der Deutschen Bahn Schenker den richtigen Arbeitgeber für sich gefunden. Bei der Transport- und Logistiksparte der DB-Gruppe ist er als Trainee eingestiegen, seine erste Station ist für ein halbes Jahr Hannover. „Auf lange Sicht möchte ich aber in Hamburg bleiben“, sagt der Betriebswirtschafter. Warum er sich für DB Schenker entschieden hat? „Gerade zum Berufseinstieg war es mir wichtig, bei einem bekannten Unternehmen zu arbeiten.“ Das mache sich gut im beruflichen Werdegang, findet Nguyen. Und weil das Unternehmen bundesweit tätig ist, glaubt er, später zurück an die Alster kommen zu können.

Professor David Scheffer von der Nordakademie sieht sich in seiner Ansicht bestätigt, dass sich gut ausgebildete Bewerber nicht mehr anbiedern wollen. Sie möchten vielmehr in ihrer Wertewelt abgeholt werden, erklärt der Wirtschaftspsychologe. So ganz angekommen ist das aber noch nicht bei allen Arbeitgebern: „Einige Unternehmen haben offensichtlich nicht bemerkt, dass auf dem Bewerbermarkt – nicht nur für High Potentials – der demografische Wandel wirkt. Denn mittlerweile haben die Bewerber eine große Auswahl.“ Und darüber hinaus stehe für sie die reine Existenzsicherung nicht mehr im Vordergrund, sagt David Scheffer.

Deshalb müsse ein Unternehmen heute außer einer passenden Bezahlung auch Aufstiegschancen, Persönlichkeitsentwicklung und Individualität ermöglichen, um attraktiv für Hochschulabsolventen zu sein.