Experten für regenerative Energie sehen den Arbeitsmarkt noch kritisch. Doch der Jobmotor kommt wieder in Schwung.

Die erneuerbaren Energien haben keine guten Jahre hinter sich. Es gab Entlassungen, Firmenpleiten, und besonders 2013 mit Bundestagswahl und der offenen Frage, wie es in Deutschland mit Wind-, Sonnen- und sonstigen regenerativen Kräften weitergehen soll, hat Unternehmen Zurückhaltung üben lassen. „Der Rückenwind ist dahin“, sagt Alexander Matthies, Vorstandsmitglied der Personalberatung Get AHead und spezialisiert auf die erneuerbare-Energien-Branche. „Viele Unternehmen, gerade in der Wind- und Solar-Industrie, sind total unter Druck.“

Kann man die Branche dennoch als Arbeitgeber empfehlen? Man kann, findet Matthies. „Ich würde jedem jungen Menschen dazu raten“, sagt er. „Aktuell könnte der Berufseinstieg ein bisschen schwierig sein, aber wer jetzt ein Studium in diese Richtung beginnt, hat in drei bis vier Jahren wieder hervorragende Aussichten.“ Irgendwann sei der Aufschwung unvermeidlich. „Die erneuerbaren Energien sind die Zukunft.“ Wie schnell die Branche wieder Aufwind bekommt, hänge davon ab, wie zügig zum Beispiel die Infrastruktur zum Stromtransport realisiert wird. „Wenn es politisch gewollt ist, wird es vielleicht schon nächstes Jahr wieder aufwärts gehen“, sagt Alexander Matthies.

Wobei er vor allem Wind und Solar meint, wenn er von den Erneuerbaren spricht. Die anderen – Bioenergie, Geothermie, Wasserkraft – seien wenig relevant. „Die Möglichkeiten der Wasserkraft sind in Deutschland begrenzt, der Markt für Biosprit ist zum Erliegen gekommen, und für die Geothermie findet sich kein Investor mehr“, sagt Matthies.

Gut 1400 Unternehmen können laut einer Prognos-Studie für die Clusteragentur Erneuerbare Energien Hamburg in der Metropolregion den Erneuerbaren zugeordnet werden. Beschäftigt waren dort zum Zeitpunkt der Studie – im Jahr 2012 – rund 24.700 Menschen. Jan Rispens, Geschäftsführer der Clusteragentur, sieht die Chancen für Bewerber vor allem bei Unternehmen der Windenergie. „Dort wird wieder eingestellt“, sagt er. Der Bereich befinde sich in einer Phase der Stabilisierung. In der Solarenergie leide der Markt noch immer. Vor allem die Hersteller von Solarmodulen: „Aber von ihnen gibt es in Norddeutschland nicht so viele“, sagt Rispens. Forschung & Entwicklung sei dagegen ein wichtiger Bereich im Hamburger Raum, ebenso wie das Projektmanagement.

Auch Unternehmensberater Göran Petersen sagt: „Hamburg ist eine Hochburg der Windindustrie, on- wie auch offshore. Und das wird so bleiben.“ Er sieht „sehr interessante Perspektiven“ – sowohl für Berufseinsteiger wie auch für Berufserfahrene. Auch die Solarbranche werde sich mittelfristig konsolidieren, erwartet der Chef der Hamburger Beratungsfirma Green Mind Consulting. „Das wird noch zu ganz neuen Geschäftsmodellen führen.“

„Die Intelligenz steckt nicht mehr im Solarmodul“, sagt Personalexperte Matthies. Das sei ein Massenprodukt geworden. „Die Intelligenz steckt heute in der Regelungstechnik, den Modellen für das sogenannte Smart Home, in der Akkuspeicherung.“ Und da hätten deutsche Unternehmen die Nase vorn. Für diesen Markt brauchen die Firmen Elektroingenieure, Maschinenbauer, Naturwissenschaftler und Wirtschaftsingenieure. ITler sind ebenfalls gefragt, wenn auch in bescheidenerem Maße.

Zukünftigen Bedarf sieht Matthies außerdem in der Betriebsführung von Sonnen- und Windkraftanlagen. „Die Zahl der Parks wird in den nächsten Jahren steigen.“ Auch im Service würden dort weiterhin Jobs entstehen, für die Absolventen von Ausbildungsberufen infrage kämen. „Da tendenziell alles elektronischer wird, wäre dafür eine elektrotechnische Ausbildung eine gute Vorbereitung“, sagt der Personalberater. Allerdings sei die Nachfrage nach Akademikern größer als im gewerblich-technischen Bereich, sagt Jan Rispens.

Einem Studienanfänger rät er derzeit zum allgemeinen Grundstudium in Maschinenbau oder Elektrotechnik. „Und dann eine Spezialisierung auf die Erneuerbaren im Masterstudium.“ Wer schon über Berufserfahrung verfügt, wird für die Branche interessant, wenn er Wissen aus dem herkömmlichen Energie-Bereich mitbringt, aber auch aus dem Anlagenbau anderer Branchen, etwa Automobil. „Diese Branche ist ja noch jung“, sagt Göran Petersen. „Darum gibt es zu wenig Kandidaten mit Fachkenntnis, und die Unternehmen suchen in artverwandten Branchen.“

Wer sich aus so einer Position heraus in den erneuerbaren Energien bewerben will, dem rät Petersen, „Übersetzungsarbeit zu leisten“: in seiner Bewerbung Ähnlichkeiten herauszuarbeiten zu dem, was er bislang gemacht, und somit statt von Wechsel von Weiterentwicklung zu sprechen. Für Berufseinsteiger, denen Berufserfahrung noch fehlt, sieht er dagegen nur Chancen, wenn sie Praktika, Projektarbeit oder Studentenjobs in den Erneuerbaren vorweisen können. „Bei einem Fachkräftemangel sind wir hier noch nicht.“