Ein Erfahrungsbericht von Mark Hübner-Weinhold

Es ist 9.15 Uhr. Der Rechner fährt hoch, im Postfach stapeln sich 23 neue E-Mails und 42 ungelesene. Der Anrufbeantworter blinkt und hat sechs neue Nachrichten. Gerade als Sie anfangen wollen, diese abzuhören, klingelt das Telefon. Ein Kollege hat ein dringendes Problem, das Sie lösen sollen. Während des Gesprächs kommt eine Kollegin herein und signalisiert, dass sie noch Ihren Input für die Präsentation um 12 Uhr braucht.

Kalt rieselt es Ihnen den Rücken herunter: Das hatten Sie ja völlig vergessen. Um 10.30 Uhr haben Sie aber noch einen Kundentermin, auf den Sie sich gut vorbereiten wollten. Wie schaffen Sie das bloß alles? Sie überfliegen die E-Mails, tippen ein paar Antworten, hören nebenbei die Anrufe ab. Zugleich öffnen Sie Ihr Tabellenkalkulationsprogramm, um ein Diagramm für die Präsentation zu basteln. Doch das Programm stellt die Säulen nicht so dar, wie es sollte...

Hektisches Wechseln der Programmfenster. Sie klicken versehentlich Ihre Daten weg. Der Rechner hängt. Dann ploppt eine Fehlermeldung auf. Ihre Datei wurde nicht gespeichert. Ein herzhafter Fluch entfährt Ihnen. Dieser Morgen ist gelaufen. Und es ist weder die Schuld Ihrer Kollegen noch von Microsoft. Es ist einzig Ihre eigene Entscheidung. Sie haben sich entschieden, zuerst Ihre E-Mails zu checken und die Anrufe abzuhören. Sie fangen an, Dinge gleichzeitig zu tun. Sie versuchen Multitasking. Aber Sie können das nicht. Niemand kann wirklich zwei oder mehr Dinge bewusst gleichzeitig tun.

Forscher haben nachgewiesen: Unser Hirn arbeitet seriell. Es erledigt eins nach dem anderen. Wer bei seiner Arbeit Wert auf Genauigkeit legt, sollte also seine Aufmerksamkeit nicht teilen. Warum aber vernachlässigen wir diese simple Erkenntnis so oft, wenn wir am Schreibtisch arbeiten? Ein Maler wird doch auch nicht gleichzeitig eine Wand streichen und nebenbei die Tapete zuschneiden.

Was tun? Zuerst einen Plan machen, was Sie wann erledigen wollen. Und zwar mit mindestens 20 Prozent Zeitpuffer für Unerwartetes. Und dann konzentrieren Sie sich auf eine Aufgabe nach der anderen. Es funktioniert, glauben Sie mir. Ich habe den Morgen erlebt.