Personalexperte Björn Zachlod über den Gesundheitssektor. Welche Qualifikation wird in OP und Hospiz gebraucht?

Wie sieht der Arbeitsmarkt für Gesundheitsberufe aus? Für wen gibt es Jobs, welche Qualifikationen sind Mangelware und damit ein Jobgarant? Björn Zachlod, Leiter des Recruitings beim Hamburger Personalvermittler Med Kontor, gibt Antworten.

Hamburger Abendblatt:

Herr Zachlod, wie beurteilen Sie die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt für Gesundheitsberufe?

Björn Zachlod:

Allgemein betrachtet ist die Situation angespannt. Auf bestimmte Berufsgruppen bezogen, wie examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Altenpfleger, sogar dramatisch. Für andere Berufe wiederum, etwa Medizinische Fachangestellte, Chemisch-technische beziehungsweise Medizinisch-technische Assistenten, kann die Suche nach dem passenden Arbeitgeber auch etwas länger dauern.

Dann haben sicher auch Bewerber eine Chance, die keine Traumnoten in ihrem Examen vorweisen können?

Zachlod:

Das lässt sich so nicht sagen. Tatsächlich halten Arbeitgeber, die Personal suchen, an ihren Forderungen fest und wünschen passgenaue Kandidaten. Andererseits sind Eigenschaften wie Stressresistenz und schnelles Reaktionsvermögen, Empathie dem Patienten und den Angehörigen gegenüber sowie auf Augenhöhe mit dem Arzt kommunizieren zu können oft entscheidender als gute Noten. Wer diese Eigenschaften mitbringt, verbessert seine Chancen.

Welche Spezialisierungen sind auf dem Arbeitsmarkt aktuell besonders gefragt?

Zachlod:

Gesucht sind etwa Operationstechnische Assistenten und Anästhesietechnische Assistenten, also Mitarbeiter, die direkt im OP zum Einsatz kommen. Hospize brauchen Mitarbeiter, die Palliativ-Weiterbildungen absolviert haben, das heißt nicht an der Heilung mitwirken, sondern die Folgen der Grunderkrankung reduzieren sollen. Zukunftsträchtig ist auch die Fortbildung auf der sogenannten Stroke-Unit, also in der Versorgung von Schlaganfallpatienten. Diese Experten werden händeringend gesucht. Und schließlich fehlt es an Fachkräften für die Beatmung von pflegebedürftigen Patienten, die zu Hause oder in Wohngemeinschaften leben.

Wie sieht es mit Akademikern aus, sind beispielsweise Gesundheitsmanager gefragt oder Absolventen eines dualen Studiengangs Pflege, wie ihn etwa die HAW Hamburg anbietet?

Zachlod:

Ein Studium ist sicher nicht verkehrt, doch der Bedarf an Akademikern ist überschaubar. Es fehlt vielmehr an der Basis, es fehlen die Hände am Patienten. Die Absolventen eines dualen Studiengangs Pflege arbeiten zwar am Patienten, erwarten aber naturgemäß ein höheres Gehalt – und genau da fehlen bislang die Strukturen. Ein Bachelor Pflege hat sich am Markt noch nicht etabliert, so sinnvoll er inhaltlich sein mag. Und auch noch nicht in den Köpfen der Akteure. Eine akademisch gebildete Pflegefachkraft entlastet den Arzt – doch der ist das schlicht nicht gewohnt. Noch nicht…

Die Einrichtungen bräuchten also mehr Personal, das jedoch auf dem Markt nicht vorhanden ist. Ist Umschulung, auch älterer Arbeitnehmer, eine Option?

Zachlod:

Wir haben durchaus gute Erfahrungen mit Bewerbern über 50 Jahren. Doch entscheidend ist, dass Umschulungswillige wissen, was auf sie zukommt. Ein Praktikum ist unerlässlich. Der Umgang beispielsweise mit Demenzkranken ist eine echte Herausforderung. Aber auch der Alltag in der ambulanten Pflege, wenn die Fachkräfte durch die Stadt jagen, um pünktlich bei den Patienten zu sein, und dann in traurige Augen blicken, wenn sie wieder losmüssen, um ihren Zeitplan einzuhalten, ist nicht immer leicht.

Wie versuchen Arbeitgeber die wenigen vorhandenen Fachkräfte für sich zu gewinnen? Bieten sie mehr Geld?

Zachlod:

Erfahrene Fachkräfte können in Hamburg mit einem Stundensatz zwischen 15 und 18 Euro rechnen. Doch Geld ist nicht das Problem. Wer in diesen Beruf geht, tut dies aus innerer Überzeugung. Wichtiger ist, dass die Arbeitsbedingungen stimmen und die Mitarbeiter Wertschätzung erfahren.

Das Feld der Gesundheitsberufe ist ja weit – gibt es neue Qualifikationen, die bislang weniger im Fokus stehen?

Zachlod:

Study Nurse ist so eine noch relativ unbekannte Zusatzqualifikation für Frauen und Männer. Sie betreuen Studien an der Schnittstelle zwischen den Auftraggebern einer Studie, also Kliniken oder der Pharmaindustrie, und den Patienten und Prüfärzten. Ziel ist, die Qualität von Studien zu sichern und zu steigern. Wer also gern mit Zahlen und Fakten umgeht und keine Scheu vor der englischen Sprache hat, ist hier richtig. Die Weiterbildung dauert sechs Monate.