In den Vertrieb passen Kaufleute und Techniker mit Einfühlungsvermögen. Die Aufstiegschancen sehen Experten positiv

Am Morgen um 7.30 Uhr saß Jörg Haberkorn bereits im Auto, um sich von Rahlstedt auf den Weg zum ersten Kunden in Neumünster zu machen. Zwei Endoskope hat er dort in den Räumen eines Arztes aufgestellt und erklärt, wie sie funktionieren. Um 13.30 Uhr fährt er nach Rostock zur nächsten Praxis.

Über Monotonie kann der 35-jährige Außendienstler für Olympus, Bereich Medical Systems, nicht klagen: „Jeder Tag sieht anders aus, schon weil ich immer mit unterschiedlichen Menschen zu tun habe.“ Haberkorns Verkaufsgebiet erstreckt sich über Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. An die ansässigen Ärzte verkauft er Endoskope zur Magen- und Darmspiegelung sowie Verbrauchsmaterial wie etwa Biopsie-Zangen zur Probenentnahme.

„Viele Firmen suchen zurzeit verstärkt gute Leute für den Außendienst“, sagt Philip Krupke, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes für Handelsvermittlung und Vertrieb in Hamburg (CDH). Besonders im technischen Bereich, wo oft Ingenieure eingesetzt werden. Aber auch auf anderen Gebieten sind überzeugende Verkaufstalente gefragt. „Bei erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen entscheidet der persönliche Kontakt“, sagt Antje Köhler, Leiterin Interne Rekrutierung des auf Finanzthemen spezialisierten Personalvermittlers Krongaard.

Die Aufstiegschancen sind gut – ob zur Betreuung wichtiger Großkunden oder zum Vertriebsleiter. „Im Top-Management der Unternehmen finden sich oft Vertriebler, schließlich kennt keiner Markt, Kunden und Produkte besser als sie“, sagt Köhler.

Mit Klinkenputzen hat der Job nichts gemein. „Die Aufgaben reichen von Marktanalysen über die Kontaktaufnahme bis zum langfristigen Ausbau der Geschäftsbeziehung“, sagt Köhler. So auch bei Jörg Haberkorn. Die meisten seiner Kunden kennt er seit mehreren Jahren. Bis zum Abschluss eines Projektes vergehen im Schnitt drei Monate, manchmal sogar zwei Jahre. „Auch danach findet regelmäßig Austausch statt, etwa wenn ich Schulungen durchführe oder auf Kongressen.“

Haberkorn muss sich ebenso mit der Technik der Endoskope auskennen wie mit medizinischen Details rund um Magen- und Darmspiegelung. „Ich möchte ja auf Augenhöhe mit den Ärzten kommunizieren“, sagt er. Dafür absolvierte der studierte Marketingreferent zum Einstieg bei Olympus vor drei Jahren ein 18-monatiges Trainee-Programm mit medizinischer Einarbeitung und technischen Schulungen.

„Eine allgemein anerkannte Ausbildung für den Außendienst existiert nicht“, sagt CDH-Mann Krupke. Eine gute Basis für den Einstieg böte oft ein kaufmännisches Studium. Für den technischen Vertrieb sei jedoch ein Ingenieursabschluss oder die Weiterbildung zum Techniker oft sinnvoller. Quereinsteiger hätten insbesondere in Bereichen Chancen, wo sich das Produktwissen schnell nachholen ließe. Aber auch dort gelte: „Ohne Affinität zum Produkt bleibt der Erfolg aus.“

„Der Vertriebler agiert als Visitenkarte des Unternehmens“, sagt Köhler. Entsprechend muss er nicht nur Sachverstand mitbringen, sondern auch Persönlichkeit. Zudem hilft ein extrovertierter Charakter, auf die Menschen zuzugehen. Aber auch Ehrgeiz, Hartnäckigkeit und Selbstbewusstsein zählen.

Selbstmotivation und Eigenständigkeit sind ebenso Voraussetzung. Wenn er keine Kunden besucht, arbeitet Jörg Haberkorn im Home-Office. Dort schreibt er Angebote, rechnet Reisekosten ab, plant seine Touren, meist 14 Tage im Voraus. Auch wenn er abends von den Kunden zurückkehrt, muss er oft noch ein Angebot schreiben oder telefonieren. Wenn er das nicht schon im Auto erledigt hat: Dort arbeitet er gern seine Anrufliste ab, um auch die Fahrtzeit sinnvoll zu nutzen.