Nicht alle Bewerber konnten sich an der Uni für ein weiterführendes Studium einschreiben. Tipps gegen die Panik

An der Hamburger Uni sind 97 Bachelorabsolventen im Lehramtsstudium betroffen, auch Bewerber für BWL und Psychologie hat es erwischt: Sie haben keinen Masterplatz in ihrem angestrebten Fach erhalten (das Abendblatt berichtete). Die Prognosen von Experten lassen auch künftig nichts Gutes erwarten: „Die Zahl der Studienbewerber im Master wird sich aller Voraussicht nach verdoppeln“, sagt Gunvald Herdin, Forscher am Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). „Gleichzeitig gibt es bislang keinen Ausbau der Masterstudienplätze an den Hochschulen im gleichen Umfang.“ Treffen aktuelle Modellrechnungen des CHE zu, wird sich die Lage bis 2016 dramatisch verschlimmern: Bundesweit könnten bis zu 36.000 Bewerber leer ausgehen.

„Wer jetzt schon einen Bachelor hat, sollte deshalb nicht mehr allzu lange warten, um sich für einen Master einzuschreiben“, rät Herdin. Derzeit sind die Chancen immer noch besser, einen Platz zu bekommen, als in drei oder vier Jahren, wenn die Studienanfängerzahlen im Master weiter ansteigen.

Von den Hamburger Lehramtsstudenten wollen sich jetzt viele wehren, sie denken über eine Sammelklage nach. Aber auch für Studenten in nicht konsekutiven Studiengängen, solche, wo Bachelor und Master nicht aufeinander aufbauen, ist die ungewollte Ehrenrunde ärgerlich. Dafür, auf einen anderen Masterstudiengang umzusteigen, ist es zu spät, die Bewerbungsfristen in Deutschland sind weitgehend abgelaufen. Außerdem sagt die Hamburger Karriereexpertin Katja Loose: „Davon, sich einfach woanders einzuschreiben, halte ich nichts.“ Das bringe einen dem eigentlichen Ziel nicht näher.

Sebastian Horndasch, Leiter der Studienberatung beim Dienstleister und Messeveranstalter border concepts, empfiehlt im Hinblick auf die Bewerbungsfristen das Ausland: „Die erste Alternative wäre Österreich, da gibt es einige Unis, bei denen man sich sogar noch nach Vorlesungsbeginn für einen Masterstudiengang einschreiben kann.“ Salzburg sei so ein Beispiel. „Mit dem passenden Bachelor wird man sofort genommen, ein Auswahlverfahren gibt es dort nicht.“ Allerdings müsse man mit dementsprechend überlaufenen Unis rechnen. Wem der Weg ins Ausland zu weit, zu teuer oder zu umständlich ist und wer auch im Nachrückverfahren keinen Platz bekommen hat, kann noch gegen den Ablehnungsbescheid der Hochschule klagen.

„Allerdings muss man damit rechnen, wenn man die Klage verliert, eine im unteren Bereich vierstellige Summe dafür zu bezahlen“, sagt Rechtsanwalt Christian Oberwetter von der Kanzlei Oberwetter & Olfen. „Als Student hat man aber die Möglichkeit, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen“, erklärt der Arbeitsrechtler. „Sofern man bedürftig ist.“ Die Erfolgsaussichten einer Klage hält der Anwalt jedenfalls für „gar nicht schlecht“. Eine Garantie, dass das Einklagen klappt, gibt es aber natürlich auch nicht.

„Ansonsten muss man seine Zeit anders sinnvoll nutzen“, sagt Studienberater Sebastian Horndasch, Autor des Buchs „Master nach Plan“ (Wissenschaftsverlag Springer, 9,95 Euro). „Zuerst einmal sollte man sich ein Bild machen, welche Möglichkeiten man für einen Studienbeginn zum Sommersemester hat.“ Daraus ergebe sich, ob man ein halbes oder ein ganzes Jahr überbrücken muss.

Ein Praktikum bei einem namhaften Unternehmen sei in der Regel nicht mehr drin. „Da ist die Vorbereitungszeit länger.“ Bei kleinen und mittelständischen Firmen aber könne das Bewerbungsprozedere schneller vonstatten gehen. „Und kleine Start-ups suchen geradezu nach Praktikanten.“ Darüber hinaus hält Horndasch Sprachkurse im Ausland für eine gute Option. „Das wird im Lebenslauf immer gern gesehen. Wenn man ein Jahr aussetzt, sollte man auf jeden Fall etwas machen, was einen fachlich oder sozial weiterbringt“, rät der Experte.

Schlimmstenfalls wird gejobbt. Doch in Panik geraten sollte niemand wegen des „verlorenen“ Jahres. „Das Arbeitsleben ist so lang, da ist dieses eine Jahr wirklich kein Problem“, sagt Katja Loose. „Viele Absolventen sind ohnehin sehr jung, und Unternehmen wollen lieber jemanden, der ein bisschen mehr Lebenserfahrung hat.“

„Und nach diesem Jahr: auf ein Neues mit dem Master“, sagt Sebastian Horndasch. Er empfiehlt gerade Bewerbern, die nicht die besten Noten haben, „flexibel zu sein, einige Sicherheitsbewerbungen zu verschicken und auch Hochschulen in die Auswahl einzubeziehen, die auf den ersten Blick weniger attraktiv erscheinen“.

Mit Ausnahme von Dresden, Leipzig und Berlin sei der Osten bei Studenten zum Beispiel immer noch unbeliebter als der Westen. Dort haben deshalb auch schwächere Bewerber gute Chancen auf einen Platz in ihrem Wunschmaster. Und nicht zuletzt seien private Hochschulen, wenn man sie sich denn leisten kann, oder ein Fernstudium Alternativen.