Besseres Zeitmanagement sorgt dafür, dass wir immer mehr Aufgaben erfüllen. Aber sind die wirklich alle wichtig?

Nichts nimmt den modernen Menschen so in Anspruch wie das Arbeiten für den Lebensunterhalt, das Schlafen ausgenommen: „Wir verbringen in unserem Leben durchschnittlich zwei Wochen nur mit Küssen, neun Monate lang spielen wir mit unseren Kindern. Wir sitzen sechs Monate auf der Toilette. Und sieben Jahre im Büro.“ Diese deprimierende Bilanz zieht der Autor Markus Albers in seinem Buch „Morgen komm ich später rein“.

Dabei empfinden viele Arbeitnehmer die moderne Arbeitswelt als immer hektischer und kaum noch zu bewältigen. Stress löst vor allem die digitale Welt aus, denn die permanente mobile Erreichbarkeit erzeugt einen Sog: „Danach ist es erstens gut, sich über den Bildschirm zu vernetzen, und zweitens gilt: Je mehr man sich vernetzt, desto besser“, sagt der amerikanische Publizist William Powers.

Er beschreibt die Folgen für unseren Alltag so: „Wir spüren die ständige Notwendigkeit, den Bildschirm zu checken, und die Unfähigkeit, unsere Gedanken zu verlangsamen und zu konzentrieren. Wir sind zu so etwas wie Kugeln in einem Flipper geworden: Wir titschen in einer Welt aus blinkenden Lichtern, Rattern und Klingeln herum. Diese Welt besteht aus einer Menge Bewegung und Lärm, führt aber zu nicht viel.“ Sein Rat: sich Auszeiten von Internet und Mobiltelefon zu gönnen.

Unzählige Autoren und Seminare versprechen dagegen Abhilfe, indem sie unser Zeitmanagement verbessern wollen. Hier wird akkurat in Termin- und Aufgabenkalendern geplant, dort werden Prioritäten gesetzt und Ergebnisse kontrolliert. „Am Ende führt dieser Ansatz dazu, dass die Menschen in kürzerer Zeit noch mehr schaffen. Das Hamsterrad dreht sich also eigentlich nur noch schneller“, sagt Anja Förster, gemeinsam mit Ehemann Peter Kreuz Autorin des Bestsellers „Hört auf zu arbeiten!“. Die Management-Beraterin schlägt einen verblüffenden, aber konsequent einfachen Ausweg vor: „Führen Sie eine To-don’t-Liste.“

Gemeint ist eine Auflistung aller Dinge, die man nicht mehr tun möchte. „Wir haben gelernt, uns alle Aufgaben auf To-do-Listen zu schreiben und diese dann abzuarbeiten. Und ständig kommt Neues dazu, was wir auch noch erledigen müssen“, sagt Förster. Dagegen helfe, das eigene Verhalten, Gewohnheiten und die beruflichen Aufgaben gründlich zu entrümpeln.

Vor einem Jahr haben sich Anja Förster und Peter Kreuz entschlossen, alles, was sie nicht mehr tun wollen, auf ihre To-don’t-Liste zu setzen. „Seit damals ist uns erst so richtig bewusst geworden, wie viele alltägliche Kleinigkeiten uns den Kopf verstopfen, ohne dass wir das bewusst wahrnehmen“, sagt Förster.

Ihre Kriterien fürs sinnvolle Ausmustern: „Immer wenn wir uns sagen: ‚Na, das hätten wir uns aber echt sparen können‘ oder ‚Das hat’s doch wirklich nicht gebracht‘ – dann wird dieses misslungene Stückchen Alltag auf die Liste gesetzt.“ So entrümpelt sie alles Mögliche: „Reizmüll, Bekanntschaftsmüll, Konsummüll, News-Müll, Nahrungsmüll.“

Diesen Schritt konsequent zu gehen sei nicht einfach. „Dazu braucht es Selbstreflexion, um das für uns Wichtige vom Überflüssigen zu trennen. Außerdem Selbstvertrauen, um Nein zu sagen und sich nicht darum zu scheren, was die anderen denken.“ Und schließlich erfordere es Selbstdisziplin, um die To-don’t-Liste tatsächlich ernst zu nehmen. Aber der Lohn für die Mühe sei gewaltig: „Das Lähmende, Energiesaugende, Fremdbestimmte einfach wegzulassen hält uns den Kopf frei fürs Wesentliche.“

Einen noch einfacheren Rat gibt übrigens William Powers: „Einfach abschalten.“ Er plädiert für bewusste Auszeiten von Internet und Mobiltelefon. Das reduziert den Stress sofort.