Gründerköpfe: Zwei Designerinnen geben gebrauchten Textilien und Wohnaccessoires neuen Sinn

Nachhaltigkeit ist bei den Gründerinnen von „Semper Klacks“ das Thema. „Wir kaufen zum Beispiel alte Tischdecken und machen Kissen daraus“, sagt Linda Langer. Textilien jeder Art, Kleider, Lampen, Sitzmöbel, Spielzeuge, Geschenkverpackungen... Die Liste der Produkte, die die Textildesignerinnen Linda Langer und Janina Sticken, 33 und 34 Jahre alt, „upcyceln“ und denen sie einen neuen Sinn geben, lässt sich endlos fortsetzen.

Upcycling, abgeleitet von Recycling, meint die Wiederverwertung von nicht mehr gebrauchten Materialien und Gegenständen. Vorteil: Wird weniger Neues produziert, schützt das Ressourcen, verbraucht weniger Energie und verschmutzt die Umwelt weniger. Daraus und aus ihrer überbordenden Lust am Designen haben Sticken und Langer eine Geschäftsidee gemacht und ihr Kaufhaus Semper Klacks auf St.Pauli, Rendsburger Straße, gegründet. „Hier findet man individuell designte Sachen, die bezahlbar sind“, sagt Langer. Aber eben nicht billig: „Wir wollen, dass wir auch unsere Dienstleister, Schneider und Drucker zum Beispiel, fair bezahlen können.“

Über den Namen des Ladens haben sie lange nachgedacht – und sind auf Plattdeutsch gekommen. Semper bedeute ehrlich, Klacks eine Kleinigkeit, sagt Janina Sticken. „Die ehrliche Kleinigkeit – das passt, weil unser Geschäft klein ist und weil wir uns sehr bemühen, nachhaltig und fair zu arbeiten.“

Im Januar 2013 sah Janina Sticken den Zettel „zu vermieten“ im Fenster des Geschäfts, schon im März war Eröffnung. Mit dem Vermieter hatten sie Glück: „Er wollte gar keine Finanzierung sehen, vielleicht war er einfach beeindruckt, weil wir ihm in kürzester Zeit ein fertiges Konzept vorlegen konnten“, erzählt die Gründerin.

Im Kopf hatten sie ihre Gründungsidee jedoch schon länger. Unter anderem, weil Linda Langer als alleinerziehender Mutter die Jobsuche schwer gemacht wurde. „Trotz Einser-Abschluss im Studium und einer vorherigen kaufmännischen Ausbildung wurde in Bewerbungsgesprächen stets auf der Tatsache herumgeritten, dass ich ein Kind habe“, sagt sie. „Mir blieb gar nichts anderes übrig, als mich selbstständig zu machen.“ Und das, obwohl auch mehrere Gründungsberater versucht hätten, ihr genau das auszureden: Als Alleinerziehende hätte sie keine Chance, habe es geheißen, sagt Langer. Die beiden Gründerinnen sind inzwischen vom Gegenteil überzeugt: Der Laden sei super mit Familie vereinbar, sagt Janina Sticken, selbst Mutter zweier Kinder.

Die beiden haben ohne Kredit gegründet, nur mit einem „kleinen finanziellen Polster“. Umgebaut haben sie selbst, die Materialien mit Baumarkt-Gutscheinen bezahlt, die sie sich zum Geburtstag gewünscht hatten. Die Einrichtung wurde bei Ebay-Kleinanzeigen zusammengesucht und natürlich eigenhändig „upgecycelt“. Einen Steuerberater bekamen sie vom Gründungsservice der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg vermittelt. Er beriet die beiden kostenlos und bestärkte sie in der Meinung, sich nicht von Zweiflern beirren zu lassen.

Sticken und Langer werben für Semper Klacks mit Flyern, Aufstellern, auf ihrer Internetseite und mit einem Facebook-Profil. Märkte wie „Hallo Frau Nachbar“ in der Schanze haben sich als sinnvolles Instrument erwiesen. Außerdem haben sie sich mit anderen Geschäften auf St.Pauli vernetzt und empfehlen sich gegenseitig. Und nicht zuletzt funktioniert die Mundpropaganda. Ihr neuester Plan: Künftig wollen die Gründerinnen auch größere Einrichtungsaufträge übernehmen.

www.semperklacks.de