Merkfähigkeit, Kreativität und Um-die-Ecke-Denken lassen sich aktiv verbessern – schon kleine Aufgaben helfen dabei.

Heute Vormittag hat der neue Kunde angerufen, wie hieß er gleich? Und da war doch noch ein dringender Auftrag vom Kollegen im Urlaub, worum ging es da noch? Solche Aussetzer kennt jeder. „Wenn ein Vertriebsmanager seine Zahlen nicht im Kopf hat, wirkt das nicht gerade sachkundig“, sagt Gedächtnistrainerin Lena Ramand von der Hamburger Firma Frisch-Kopf. Ebenso gehöre es zum guten Ton im Geschäftsleben, sich den Namen des Gesprächspartners zu merken. Kurz: Wer Wissen abrufen kann, strahlt Kompetenz aus.

„Man kann seine geistige Leistungsfähigkeit nicht nur fit halten, sondern sogar spürbar steigern“, sagt Siegfried Lehrl, Psychologe und Präsident der Gesellschaft für Gehirntraining in Ebersberg. Grundsätzlich lasse sich das Gehirn wie ein Muskel ertüchtigen. In wenigen Wochen könne der Intelligenzquotient so um 15 Punkte oder sogar mehr steigen. Für dauerhaften Erfolg müsse man allerdings am Ball bleiben, sagt Lehrl. Denn entscheidend fürs Denken sind die Verbindungen zwischen den Nervenzellen. Werden immer wieder schnell neue Informationen verarbeitet und genutzt, verdichtet sich das Gefäßsystem, neue Nerven wachsen. Das gilt nicht nur für die Jungen, sondern auch für 70-Jährige.

Während dies bei einigen Menschen in abwechslungsreichen Jobs fast nebenbei geschieht, müssen andere ihr Gehirn bewusst fordern. „Zu viel Routine begünstigt den Abbau“, sagt Intelligenzforscher Lehrl. Im Alltag falle es dann immer schwerer, kompliziert zu denken und neue Lösungen zu finden. Beim Übertritt in den Ruhestand sei dieser Zusammenhang besonders klar erkennbar. „Dann geht bei den meisten die Hirnkapazität rapide zurück.“

Kreative Fünf-Minuten-Aufgaben schulen die Denkfähigkeit

Umgekehrt können die richtigen Anregungen jedoch gezielt die Denkfähigkeit steigern. Schon kleine Übungen helfen viel. „Schnell Neues aufzunehmen und zu verarbeiten, kann man gut trainieren“, sagt die Hamburger Gehirntrainerin Stefanie Probst. Zum Beispiel so: „Morgens im Büro aus einer Kopie rasch alle Wörter mit ‚ei‘ herauszustreichen, am nächsten Tag beispielsweise alle Wörter mit Doppelkonsonanten“, sagt Psychologin Probst. Zudem schulen solche Fünf-Minuten-Aufgaben darin, Informationen schneller zu erkennen und aufzunehmen. „Später kann man sich selbst Übungen ausdenken und auch im Privaten umsetzen“, sagt Probst. Wie etwa die Einkaufsliste für den Supermarkt rückwärts auswendig aufzusagen. Auch das Buchstabieren im Kopf von Begriffen vorwärts und rückwärts mache den Arbeitsspeicher reaktionsfähiger. Dabei gelte: Kurze, häufige Einheiten bringen mehr als seltene lange.

„Texte über Kopf zu lesen, erhöht die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung“, nennt Lehrl eine weitere Übung. Und die Merkfähigkeit gezielt ausbauen lasse sich, indem man Hauptwörter aus einem Text aussucht und sie dann auswendig wiederholt. Selbst fantasievolles Um-die-Ecke-Denken falle mit etwas Übung immer leichter.

Je verrückter die Ideen, desto besser speichert das Gehirn sie ab

Gedächtnistrainerin Ramand rät zur Loci-Methode. Sie helfe beim Merken und schule die Assoziationstechnik: Inhalte werden dabei einzelnen Punkten einer Route, etwa dem Arbeitsweg, als Bild oder Geschichte zugeordnet. „Je öfter praktiziert, desto schneller kommen fantasievolle Bilder“, sagt Ramand. Und je verrückter die Ideen, desto besser speichert das Gehirn sie ab.

Üben könne man assoziatives Denken auch, indem man per Zufall ein Wort aus dem Lexikon antippt, und hierzu frei Gedanken entwickelt. „Zur Kreativität gehört vor allem Mut“, sagt Lehrl. Wer geistig hohe Leistung bringt, bei dem sprudeln auch die Einfälle. Viele würden allerdings Lösungen unterdrücken, weil sie sie für nicht umsetzbar oder unpassend hielten.

Auch in der Freizeit kann man den Geist beweglich halten – nicht nur mit Denkspielen wie Sudoku oder Schach. Wissensdurst und Lust auf Neues bringen die grauen Zellen in jedem Fall auf Trab. Eine Herausforderung für den Kopf kann genauso das Erlernen der Faltkunst Origami bieten wie das eines Instruments oder einer Sprache. Apple-Gründer Steve Jobs etwa, der selbst Kalligrafie lernte, war überzeugt, dass die erfolgreichsten Erfinder unterschiedliche Erfahrungen suchen.

„Wer im Kopf fit sein möchte, muss parallel etwas für den Körper tun“, sagt Gehirntrainerin Probst. Besonders günstig seien Ausdauersport und das Training der Koordination. „Tanzen wirkt besonders intensiv“, sagt Psychologe Lehrl. Jede Art von Bewegung fördert die Sauerstoffversorgung und Durchblutung des Gehirns. Auch der Spaziergang in der Mittagspause hilft so den grauen Zellen. Studien zeigen überdies, dass auch ein vielfältiger Freundeskreis schlau macht, denn der Kopf muss schnell Informationen verarbeiten und sich flexibel auf das jeweilige Gegenüber einstellen. Zudem sorgt die richtige Ernährung für mehr Gehirnpower: Insbesondere Kohlenhydrate, enthalten etwa in Bananen oder Vollkornbrot, befeuern das Denken.