Wer im Berufsleben dem Geld und der Macht hinterherrennen will, dem stehen alle Türen offen. Das eine liegt tatsächlich auf der Straße, und wie das andere geht, steht seit Machiavelli in jedem zweit- bis drittklassigen „Mein Leben als Mogul“-Ratgeber. Also ran an den Speck, es ist genug für alle da, und heutzutage ist zwar einiges weiterhin verboten, aber irgendwie doch alles erlaubt. Es geht immer weiter – und schneller und höher noch dazu. Ganz nach dem Motto: „Gebt reichlich, ich habe teure Hobbys!“

Il Cavaliere Silvio Berlusconi, die alte Cabanossihaut, ist so ein Typ – ein Vorbild für so manchen, wenn auch nicht für jeden: „Wenn ich mich im Spiegel anschaue, erwarte ich, dass mein Äußeres meiner inneren Jugend entspricht, und die ist absolut. Ich fühle mich wie 40 oder 42. In jeder Hinsicht.“ Genau, und wenn er auf die bunten Pillen richtig eingestellt ist, bewirken die noch mehr: „Um diese Arbeit zu machen, musst du geistig gestört sein. Leute, die diesen Job machen, sind anthropologisch anders als der Rest Menschheit.“ Was auf die Staatsanwälte abzielt, die ihm für Ruby-Gate sieben Jahre Home-Office schmackhaft machen wollen. Wetten, dass hier die Chuzpe siegen wird? Berlusconi hat so recht: „Ich bin ein geduldiges Opfer, habe mich selbst für alle geopfert.“

Dieses Opfern geht eins kleiner auch: Wer in der Firma immer vorn sein will (und wenn er hinten ist, ist das halt vorn), hängt Gefühle und Werte in die Garderobe, nimmt das Leben als Spiel, ergeht sich in der neuen Volkskrankheit Zynismus, macht sich die doofen Reflektierten untertan und drückt die Risikotaste, bis die irgendwann verklemmt. Wer dagegen „vorn sein“ für sich ganz eigen definiert, nimmt sich zu Herzen, dass derjenige tatsächlich reich ist, der rechtzeitig „jetzt reicht’s“ sagt und bedenkt, dass jeder Tag der Anfang vom Rest seines Lebens ist. Man hat die Wahl, und eines Tages wird man den Preis für das zahlen, was man den Azubis, den Neuen, dem Pförtner, dem Hausmeister und allen anderen, mit denen man es ja machen kann, im Berufsleben so alles angetan hat.

Jon Christoph Berndt ist Markenexperte, Management-Trainer und Keynote-Speaker. Im Internet auf www.human-branding.de