Die Leserfrage: Ich habe gehört, auch als Angestellter könnte ich meinen Arbeitsvertrag nicht einfach fristlos kündigen, sondern müsse meinen Arbeitgeber „abmahnen“. Ist das tatsächlich so? Und welche rechtlichen Vorgaben müsste ich da gegebenenfalls einhalten?

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Für die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten die gleichen Grundsätze wie für die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber. Sie ist berechtigt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es für den Kündigenden unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitgeber seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nachhaltig verletzt. Ob der Arbeitgeber vor der fristlosen Kündigung durch Abmahnung aufgefordert werden muss, den Vertrag einzuhalten, hängt von der Schwere der Vertragsverletzung ab.

Bei einem Lohnrückstand ist eine fristlose Kündigung nur zulässig, wenn der Arbeitgeber mit einem erheblichen Betrag in Rückstand geraten und erfolglos abgemahnt worden ist. Das gilt auch bei der Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften. Hier muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf den Missstand hinweisen und die fristlose Kündigung androhen, falls der Arbeitgeber innerhalb angemessener Frist keine Abhilfe schafft.

Bei besonders schweren Vertragsverletzungen ist in der Regel keine Abmahnung erforderlich, so zum Beispiel bei gravierenden Beleidigungen, Tätlichkeiten oder sexuellen Belästigungen. Wenn man über die Schwere des Vorwurfs unterschiedlicher Auffassung sein könnte, sollte sicherheitshalber zunächst eine Abmahnung ausgesprochen werden. Kommt nämlich das Arbeitsgericht zu der Überzeugung, dass eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre, ist eine ohne vorherige Abmahnung ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam. Außerdem kann der Agentur für Arbeit mit der Abmahnung gezeigt werden, dass der Arbeitsplatz nicht leichtfertig aufgegeben worden ist. Denn bei einer Eigenkündigung droht eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld. Nach Möglichkeit sollte daher die Kündigung sogar im Vorfeld mit der Agentur für Arbeit abgestimmt werden.

Die Abmahnung sollte zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen. Sie muss den Vorwurf gegen den Arbeitgeber nach Ort, Zeit und Inhalt möglichst präzise schildern mit der Androhung, dass im Wiederholungsfall fristlos gekündigt werde. Der Zugang der Abmahnung beim Arbeitgeber muss nachweisbar sein.

Unser Autor Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, www.rae-gleim.de