Die Leserfrage: Ich bin Ende Mai nach fünf Jahren in gegenseitigem Einvernehmen aus meiner Firma ausgeschieden und habe gemäß meines Aufhebungsvertrags eine Abfindung erhalten. Allerdings sind meine Urlaubsansprüche aus diesem Jahr (5/12 von 28 Tagen) nicht abgegolten worden. Aber das steht mir doch zu oder?

Das sagt Rechtsanwalt Christian Wieneke-Spohler: Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) müssen Sie Ihren Urlaub, solange das Arbeitsverhältnis noch andauert, „in Natur“ in Anspruch nehmen. Restliche Urlaubstage können erst dann abgegolten, also in Geld ausgezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Weder können Sie als Mitarbeiter auf einen (gesetzlichen) Urlaubsanspruch verzichten, noch auf dessen Abgeltung (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG).

Das gilt nach einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 14.5.2013, 9 AZR 844/11) aber nicht mehr uneingeschränkt: Der Verzicht auf Urlaubsansprüche und damit auch die Urlaubsabgeltung ist nur so lange unzulässig wie das Arbeitsverhältnis noch andauert. Im konkreten Fall hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens – nachdem bereits die Kündigungsfrist abgelaufen war – darauf verständigt, dass das Arbeitsverhältnis fristgemäß geendet hat, der Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält und damit alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sind. Anschließend verlangte der Arbeitnehmer dennoch Abgeltung seiner noch offenen Urlaubsansprüche, wodurch sich faktisch die vom Arbeitgeber zu zahlende Summe anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses quasi verdoppelt hätte.

Das BAG verneinte entgegen der Vorinstanzen, dass der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet sei, da der Arbeitnehmer ja die Abgeltung seiner restlichen Urlaubsansprüche mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses hätte geltend machen können. Mit der „Erledigungsklausel“ im gerichtlichen Vergleich hatte er hierauf verzichtet. Die Unwirksamkeit des Verzichts auf Urlaubsansprüche nach § 13 Abs. 1 BUrlG erfasst nur den noch nicht entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruch. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer wirksam hierauf verzichten. Ihnen steht deshalb die Abgeltung der restlichen Urlaubsansprüche nur dann noch zu, wenn Sie diesen Anspruch ausdrücklich mit in die Aufhebungsvereinbarung aufgenommen haben oder es keine abschließende Erledigungsklausel gibt.

Unser Autor Christian Wieneke-Spohler ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, www.martens-vogler.de