Die Leserfrage: Bei einer betriebsbedingten Kündigung – wo würde ich gemäß der Sozialauswahl stehen? Ich bin Sachbearbeiter, seit 26 Jahren im Betrieb, 52 und verheiratet. Meine Frau arbeitet auch Vollzeit, verdient aber weniger als ich. Wir haben zwei Töchter, eine in der Lehre, eine im Studium.

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Eine betriebsbedingte Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers wegfällt und er nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Wird nicht allen vergleichbaren Arbeitnehmern gekündigt, muss der Arbeitgeber diejenigen auswählen, die sozial am wenigsten schutzbedürftig sind.

In die Sozialauswahl sind nur Arbeitnehmer einzubeziehen, die in der Betriebshierarchie auf einer Stufe stehen. Vergleichbar sind Arbeitnehmer auch dann, wenn sie aufgrund ihrer Tätigkeit oder Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen können. Soll zum Beispiel der Arbeitsplatz eines Sachbearbeiters im Einkauf wegfallen, müssen alle gleich qualifizierten Kollegen im Verkauf in die Sozialauswahl einbezogen werden.

In einer Vergleichsgruppe entscheiden vier Kriterien über die Schutzbedürftigkeit: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und eine eventuelle Schwerbehinderung. Der Arbeitgeber muss alle Kriterien angemessen und gleichmäßig berücksichtigen. Besonderes Gewicht haben in der Praxis Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten. Diese müssen tatsächlich bestehen. Nicht entscheidend ist also der Familienstand oder die Anzahl der Kinder, sondern die Frage, ob dem Ehepartner oder den Kindern tatsächlich Unterhalt geschuldet wird.

Mit 52 Jahren und Ihrer langen Betriebszugehörigkeit dürften Sie in der Sozialauswahl gute Karten haben. Ihre studierende Tochter ist unterhaltsberechtigt, bei Ihrer Tochter in der Ausbildung hängt dies von der Höhe der Ausbildungsvergütung ab. Dass Ihre Frau arbeitet, mindert hingegen Ihre Unterhaltsverpflichtungen. Wie Sie aber letztlich in der Sozialauswahl stehen, hängt entscheidend von der konkreten Sozialstruktur Ihres Betriebs ab.

Unser Autor Dr. Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. www.rae-gleim.de