Eine Umfrage belegt die Benachteiligung von Frauen, die ein Kind erwarten. Sollten sie Vorgesetzte länger im Unklaren lassen?

Als sie schwanger wurde, arbeitete Kerstin B. in einem großen Unternehmen. Sie vertraute auf das gute Verhältnis zu ihrem Chef und unterrichtete ihn früh vom bevorstehenden Ereignis. Der freute sich angeblich für sie. Gleichzeitig schloss er aber eine Rückkehr in sein Team nach dem gewünschten Jahr Elternzeit aus. Die Ansage des Chefs sprach sich unter den Kollegen schnell herum. In wichtige Prozesse banden einige Kerstin B. nun gar nicht mehr ein. „Man musste sich mit mir nicht mehr arrangieren“, sagt sie.

Kein Einzelfall: Eine Schwangerschaft wirkt sich im Job oft negativ aus, wie eine Umfrage der Fachhochschule Frankfurt/Main unter 1800 berufstätigen Müttern zeigt. 72 Prozent sagten, dass anstehende Karriereschritte währenddessen auf Eis gelegt oder gestrichen wurden. Bei einem Teil standen während der Schwangerschaft Gehaltserhöhungen an. Von ihnen sagte jede Zweite (48 %), dass die Erhöhung vermindert wurde oder sogar wegfiel.

Sollte man die frohe Botschaft also besser zurückhalten? Laut Mutterschutzgesetz ist es so: Frauen sollen den Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft unterrichten, sobald sie davon wissen. Sie müssen es aber nicht. „Grundsätzlich können Frauen den Zeitpunkt frei wählen“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht.

In der Praxis sagen die meisten vor dem dritten Monat nichts, da es bis dahin ein erhöhtes Risiko gibt, das Kind zu verlieren. Danach sollten Arbeitnehmerinnen aber nicht mehr zu lange warten, raten Experten: „Wenn man ohne Not die Mitteilung hinauszögert, schadet man sich und dem Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber“, warnt Christian Vetter vom Bundesverband der Personalmanager.

Wichtig ist, dem Chef von dem Ereignis nicht zwischen Tür und Angel zu erzählen, sondern sich einen Termin geben zu lassen. Wer noch nicht will, dass die Neuigkeit unter Kollegen die Runde macht, sollte den Vorgesetzten ausdrücklich darauf hinweisen: Er darf die Information dann nicht weitergeben – auch nicht an den Betriebsrat. Der muss ohnehin nicht generell über Schwangerschaften informiert werden.

Sollte ein Arbeitgeber die Frau entlassen wollen, ist das Mutterschutzgesetz davor: „Während der Schwangerschaft und bis zu vier Monate nach der Entbindung besteht für Frauen ein besonderer Kündigungsschutz“, erklärt Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Eine Kündigung in dieser Zeit ist unwirksam. Erforderlich sei natürlich, dass der Arbeitgeber von der Schwangerschaft oder der Entbindung wisse. „Zumindest aber muss die schwangere Mitarbeiterin ihn hierüber innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung informieren.“

Eine Ausnahme gibt es: „Wenn der Arbeitgeber das Amt für Arbeitsschutz hinzugezogen hat und dieses die Kündigung zugelassen hat“, sagt der Arbeitsrechtler. „Das passiert bei einer schwangeren Beschäftigten aber nur ausnahmsweise.“ Der Kündigungsgrund dürfe jedoch auch dann mit der Situation der Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage nach der Entbindung nichts zu tun haben.

Auch wer noch in der Probezeit steckt, hat durch die Schwangerschaft Kündigungsschutz. Das gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer vereinbart hat, nach Ablauf der Probezeit einen neuen Vertrag zu schließen. Anhaltspunkt dafür ist die Klausel: „Mit der Probezeit endet dieser Vertrag.“ Die Schwangerschaft schützt nur vor einer Kündigung, nicht aber vor einer Befristung, sagt Arbeitsrechtlerin Nathalie Oberthür.

Über den Kündigungsschutz hinaus sieht das Mutterschutzgesetz Beschäftigungsverbote vor: So dürfen Schwangere keine Akkord-, Fließband-, Sonntags- oder Nachtarbeit machen. Überstunden sind tabu. Mehr als 8,5 Stunden pro Tag sowie 90 Stunden in zwei Wochen sind ebenfalls verboten.

Stehen werdende Mütter nun vor dem Gespräch mit dem Vorgesetzten, sollten sie sich überlegen, wie sie auf Fragen zur Dauer der Elternzeit reagieren wollen, empfiehlt Personalmanager Christian Vetter. Ein schriftlicher Antrag und somit die verbindliche Festlegung muss aber erst sieben Wochen nach ihrem Beginn beim Arbeitgeber vorliegen. Da Mütter sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden dürfen, beginnt ihre Elternzeit in der neunten Woche nach Geburt ihres Kindes. Ein Antrag in der ersten Woche nach der Entbindung ist daher noch fristgerecht.

Ist das Gespräch mit dem Chef geschafft, sollten Schwangere ihre Kollegen persönlich informieren. „Wenn ich in einem kleinen Team arbeite, in dem mein Mutterschutz direkte Auswirkungen auf die Kollegen hat, ist es nur fair, mit ihnen auch direkt zu sprechen“, sagt Christa Holste vom Familienbüro Lüneburg. Alle sollten zeitgleich informiert werden. Sind einzelne früher eingeweiht, kann es Gerede geben.