Vergütung, Urlaub, Lohnfortzahlung – das alles steht auch Hospitanten zu. Oft können sie aber bestenfalls beeinflussen, was sie lernen wollen

Praktikanten haben mehr Rechte, als viele von ihnen glauben; zumindest theoretisch. „Wenn es sich um ein frei gewähltes Praktikum – also kein Pflichtelement im Rahmen des Studiums – handelt, haben sie zum Beispiel Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung bei Krankheit“, erklärt Thomas Griebe, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Das Unternehmen darf bei ihnen weder das Arbeitszeitgesetz (maximal zehn Stunden am Tag) ignorieren noch ihnen am Ende ein Zeugnis verweigern. „Für Praktikanten gelten die meisten Regeln des Berufsbildungsgesetzes zu Ausbildungsverhältnissen“, sagt Griebe. „Wer seine Rechte nachlesen will: BBiG, Paragraf 26.“

Laut Berufsbildungsgesetz muss ein Praktikum angemessen vergütet werden

Auch die Bezahlung von Praktikanten ist eigentlich arbeitsrechtlich geregelt. „Laut Berufsbildungsgesetz muss die Vergütung ‚angemessen‘ sein“, sagt Anwalt Griebe. Dass es dennoch unvergütete oder schlecht bezahlte Praktika gibt, begründen Arbeitgeber damit, dass sie die Praktikanten ja ausbilden – und damit sozusagen in Naturalien vergüten. Außerdem geht in der Regel keiner dagegen vor. Griebe: „Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Praktikant seine Rechte eingeklagt hätte.“

Dass ein Arbeitsvertrag schriftlich fixiert werden muss, ist dagegen nicht vorgeschrieben, die Verabredungen im Bewerbungsgespräch gelten als mündlicher Vertrag. Luise Köhler von der Praktikumsbörse praktikum.info findet, man solle trotzdem freundlich um die schriftliche Version bitten. „Der Vertrag ist für beide Seiten empfehlenswert“, sagt sie. „Einfach als Absicherung.“

„Wenn es im Unternehmen nicht üblich ist, würde ich auch keinen Vertrag einfordern“, sagt dagegen Bettina Schreyögg, stellvertretende Leiterin des Career Centers an der Uni Hamburg. Allerdings empfiehlt sie, die Praktikumsbedingungen im Vorgespräch gut abzuklopfen. „Dabei sollte man klären, wo die Schwerpunkte liegen werden und was das Unternehmen am Ende als Ergebnis erwartet“, erklärt die Diplom-Psychologin. „Außerdem sollte man die Laufzeit festlegen und sich zumindest locker nach den Arbeitszeiten erkundigen.“ Regelungen für Urlaub, Krankheit oder Kündigung würde sie nicht ansprechen, sagt Bettina Schreyögg. „Gerade wenn man ein Thema wie Lohnfortzahlung aufgreift, sieht das aus, als würde man eine Erkrankung schon einplanen.“

Viele lassen sich die Chance entgehen, die Praktikumsinhalte zu beeinflussen

Viel wichtiger, als die Inhalte eines schriftlichen oder mündlichen Praktikumsvertrags festzuzurren, ist aber die Frage, wie sich die Hospitanz in der Praxis anlässt. Bettina Schreyögg rät Praktikanten, gleich am Anfang zu formulieren, was sie sich vorstellen. Das sei eine Chance, Einfluss zu nehmen, die sich viele entgehen ließen, hat sie festgestellt.

„Oft bietet sich die Begrüßungsrunde dazu an. Denn dabei erhält in der Regel auch der Praktikant die Gelegenheit, ein paar Worte an seine Kollegen auf Zeit zu richten. Statt dann nur zu betonen: „Ich freue mich, hier zu sein, und bin ganz offen für alles, was kommt“, empfiehlt Schreyögg – neben der Freude, die man natürlich äußern solle –, auch zu sagen: „Ich möchte ganz konkret Einblicke in die Bereiche, Projekte oder Prozesse XY erhalten.“

Doch nicht immer wird Wünschen entsprochen, und nicht immer halten sich Arbeitgeber an Absprachen. „Wenn etwas nicht gut läuft, würde ich als Erstes das Gespräch mit meinem Betreuer suchen“, sagt Luise Köhler. „Und wenn es so etwas nicht gibt, mit dem Vorgesetzten. Man wendet sich immer an die nächsthöhere Stufe.“ Diese Gespräche wirkten oft Wunder, hat Luise Köhler festgestellt.

Was Karriereberaterin Bettina Schreyögg bestätigt. „Wenn ein Praktikant eher mindere Aufgaben abarbeiten muss, war einfach oft nicht genug Zeit da, um ihn ordentlich einzuarbeiten. Dann muss man selbst gucken, wo man sich einbringen kann.“

Für den Fall, dass gar keine Aussicht auf Besserung besteht, gibt es immer noch die Notbremse: abbrechen. Laut Arbeitsrecht gibt es zwar auch für Praktikumsverträge Kündigungsfristen. „Doch in der Praxis kann man seine Mitarbeit jeden Tag beenden“, sagt Thomas Griebe. „Das Unternehmen wird keinen Schadenersatz fordern.“

Auch aus unbefriedigenden Praktika kann man noch etwas mitnehmen

Ob ein Praktikant sich aber wirklich einen Abbruch leisten will – schließlich hat er damit Zeit vertan und muss sich erneut auf die Suche nach einem Praktikumsplatz machen –, sollte er sich gut überlegen. „Man kann auch aus einem unbefriedigenden Praktikum immer noch etwas mitnehmen“, sagt Bettina Schreyögg. Außer der Eigeninitiative empfiehlt sie: „Die Atmosphäre schnuppern, Beobachtungen machen, die dahinterliegenden Strukturen zu erkennen versuchen.“

Misserfolge bei der Wahl des Praktikums sollten aber eigentlich immer seltener auftreten. Luise Köhler von praktikum.info sagt: „Unternehmen wollen potenzielle Mitarbeiter heute möglichst schon im Studium abgreifen. Praktika werden mehr und mehr als Recruiting-Tools genutzt.“ Dementsprechend wird den Hospitanten oft auch ordentlich etwas geboten, bis hin zu anständiger Vergütung. Köhler: „Ein Maschinenbau-Student kann heute durchaus Chancen haben, 800 Euro im Monat zu bekommen.“

Dass es in anderen Bereichen – etwa in den Medien – anders aussieht und viele Studenten einfach nur froh sind, wenn sie ein Praktikum bei einem namhaften Sender ergattert haben, verschweigt sie aber auch nicht. „Da muss man das Gesamtpaket betrachten und die Vor- und Nachteile gut abwägen.“