Techniker im Außendienst brauchen hohe Sozialkompetenz. Wer nicht freiwillig in den Verkauf geht, scheitert häufig

Fachsprachen sind besonders. Treffen sich zwei Kollegen, erkennen sie sich daran. „Technische Fachkräfte sind in ihrer Wortwahl nicht schlimmer als andere Experten, aber bei ihnen fällt es einfach stärker auf“, sagt Thomas Reiche, Inhaber der Lüneburger Unternehmensberatung Reiche & Partner. „Im Vergleich zu anderen Fachsprachen ist die Technikersprache sehr ZDF-lastig – voller Zahlen, Daten, Fakten.“

Schwierig wird das mitunter, wenn Ingenieure oder technische Fachkräfte auf „Nichteingeweihte“ treffen, so wie es in Verkauf oder Kundendienst sein kann. Vertriebler sind dabei oft noch extremere Fremdsprachler als Servicetechniker. „Denn manchmal heißt es einfach: Geh doch mal in den Vertrieb, du hast doch die Fachkompetenz“, sagt Thoralf Rapsch, Geschäftsführer von trainknowledgy in Elstorf-Bachheide, der auf Training und Beratung für technische Branchen spezialisiert ist. „Servicetechniker dagegen werden in der Regel danach ausgesucht, ob sie auch mit Kunden umgehen können.“

Doch gerade Ingenieure, hoch qualifizierte Experten, landen – mitunter sogar ungefragt – im Verkauf. „Dabei gibt es für viele ja einen guten Grund, eine technische Fachrichtung gewählt zu haben“, sagt Jan-Ulrich Kiel, Inhaber der Hamburger Vertriebsberatung KielSolution. Der Techniker wolle eigentlich Techniker sein. Doch jetzt soll er verkaufen.

Die Entscheidung des Kunden hängt von seiner Sympathie für den Verkäufer ab

„Ein Kauf kommt zustande, weil sich der Käufer zu 70 Prozent für den Verkäufer entscheidet – und nur zu 30 Prozent für das Produkt“, erklärt Jan-Ulrich Kiel. Verstehen sich Außendienstler und Kunde nicht, kann durchaus der Geschäftsabschluss platzen. Womöglich sogar zunächst unbemerkt, wenn nämlich der Techniker den Eindruck hat, der Kunde sei überzeugt. „Dabei traut sich dieser nur nicht, klar Nein zu sagen“, erklärt Reiche. „Stattdessen storniert er dann später.“

Wie kann das passieren? „Wenn man den Kunden mit Technik überfrachtet“, sagt Jan-Ulrich Kiel. „Wenn man ihn in eine Situation bringt, in der er nicht mehr folgen kann. Dann fühlt er sich vorgeführt.“ Und verliert die Sympathie, die der Verkäufer im Idealfall vorher für sich und das Produkt aufbauen konnte.

„Sowohl Außendienstler als auch Servicetechniker schaffen es oft nicht, die technische Situation mit den Augen des Kunden zu sehen“, sagt Thoralf Rapsch. „Ein Auto damit anzupreisen, dass dessen Motor 460 Newtonmeter habe, bringt leider nichts, wenn der Kunde nicht weiß, was Newtonmeter sind und was er davon hat.“ Und so selbstbewusst, danach zu fragen, sei nicht jeder.

Was also tun als Techniker beim Kunden? „Als Erstes muss ich akzeptieren, dass Verkauf und Service immer auch mit Emotionen verbunden sind“, sagt Rapsch. Funktioniert zum Beispiel der Kopierer des Kunden nicht, kann er seine Arbeit nicht erledigen, was eine ganze Reihe anderer negativer Folgen haben kann – und sei es nur in der Katastrophenfantasie des Kunden: Das Handout wird nicht fertig, die Präsentation misslingt, der Chef ist enttäuscht, die Beförderung geht verloren.

Die schlechteste Antwort des herbeigerufenen Helfers: „Das geht nicht.“ Thoralf Rapsch: „Servicetechniker zeichnen sich durch eine zum Teil gnadenlose Ehrlichkeit aus – ohne Rücksicht auf die emotionale Wirkung, die diese Aussage auf den Kunden hat.“ Er plädiert an die Fachleute, sich diplomatischer auszudrücken.

Fragen stellen, sich dafür interessieren, in welcher Welt der Kunde lebt

„Außerdem muss ich bereit sein, in meinen Kunden Zeit zu investieren“, sagt Rapsch. „Ich muss fragen, zuhören und mich dafür interessieren, in welcher Welt er lebt, und dann mit meinen Argumenten seine Welt aufgreifen.“ Es gehe um die grundsätzliche Einstellung, sich auf das Level des Gegenübers herunterzulassen und Argumente anders zu formulieren, als man es unter Experten tun würde.

Dementsprechend sieht Thomas Reiche die wichtigsten Sozialkompetenzen für Techniker im Außendienst in Sprachkompetenz und Kommunikationsfähigkeit, im Selbstvertrauen inklusive der Fähigkeit zur Selbstbeobachtung sowie in der Konflikt- und Kritikfähigkeit. „Denn selbst berechtigte Einwände werden schnell persönlich genommen“, ist Reiches Erfahrung. Dann „mag“ man den Kunden nicht mehr – und auch das ist eine schlechte Basis für das weitere Gespräch.

Unternehmensberater Reiche sieht drei Typen von Mitarbeitern in technischen Firmen: den echten Experten, der sich in der Technik am wohlsten fühlt, den Kundenmanager, der technisches Know-how hat, aber auch gut im Kontakt zu seinen Mitmenschen ist, und den reinen Verkäufer, der im Außenkontakt perfekt funktioniert, jedoch Probleme damit hat, die Anforderungen des Kunden intern an seine Techniker-Kollegen weiterzugeben. Perfekt für den Außendienst sei die Gruppe der Kundenmanager. Per Eignungsdiagnostik durch den Arbeitgeber lasse sich herausfinden, wer dazu gehört.