Wer eine akademische Laufbahn anstrebt, hat gute Chancen an Fachhochschulen. Gefordert wird die Promotion plus Erfahrung im Job

Wer eine akademische Laufbahn anstrebt, aber nicht ewig auf eine der raren universitären Professorenstellen warten will, sollte sich einmal den Fachhochschulen (FHs) zuwenden. Dort gibt es eine Menge Jobs: Die auf die Wissenschaft spezialisierte Job-Plattform academics.de listet derzeit 200 Angebote für Professuren an deutschen Fachhochschulen auf.

Nach Angaben von Hubert Mücke vom Hochschullehrerbund gibt es an den bundesweit 214 FHs derzeit rund 16.000 Professorenstellen. Jährlich müssen davon etwa fünf Prozent neu besetzt werden, in den vergangenen beiden Jahren waren es sogar etwas mehr. Die Dozenten werden gebraucht, denn nach Daten des Statistischen Bundesamts hat sich die Zahl der Studenten an den deutschen FHs in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt.

Davon berichtet auch Professorin Monika Bessenrodt-Weberpals, die Vizepräsidentin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg: "Aufgrund der stark steigenden Studentenzahlen haben wir allein in den vergangenen fünf Semestern 83 Professuren besetzt." Durchschnittlich etwa 16 Bewerber pro Stelle hätten ihre Unterlagen eingereicht. Die HAW Hamburg liegt damit im Gegentrend zum Nachwuchs-Engpass, der vom Hochschullehrerbund beklagt wird. Die Gründe? "Hamburg ist ein attraktiver Standort und die HAW Hamburg als drittgrößte FH in Deutschland ebenfalls", sagt Bessenrodt-Weberpals.

Auch die wesentlich kleinere HSBA Hamburg School of Business Administration, eine Hochschule der Hamburger Wirtschaft unter Federführung der Handelskammer, hat personell aufgestockt. 24 Professoren sind dort tätig, jüngst wurden sechs Positionen neu besetzt, sechs weitere sind ausgeschrieben. Nur für eine offene Stelle konnte niemand gefunden werden: im Maritimen Management. Dabei geht es grob gesagt um die wirtschaftliche Seite der Seefahrt. "Derjenige muss die Sprache der Reedereien sprechen und die Wissenschaft beherrschen", erklärt Geschäftsführer Uve Samuels. Dass auf Anhieb kein passender Kandidat zu finden war, verwundert ihn kaum: "In dem Bereich ist er wie die berühmte Nadel im Heuhaufen zu entdecken."

Die Anforderungen an einer Fachhochschule sind ohnehin speziell: Wer dort Karriere machen will, darf kein reiner Wissenschaftler sein. "Man muss drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs gearbeitet haben", erklärt Monika Bessenrodt-Weberpals.

Ob derjenige seine Erfahrungen dabei in einem Unternehmen, einer Nichtregierungsorganisation (NGO) oder als selbstständiger Designer gesammelt habe, sei nicht wichtig. Hauptsache, seine Praxiskenntnisse passen zum Studiengang - und er hat sein Studium mit einer Promotion abgeschlossen. Von dieser Regel gibt es nur außerordentlich wenige Ausnahmen. "Etwa wenn das Forschungsgebiet des Bewerbers eine ganz besondere Nische abdeckt", sagt Bessenrodt-Weberpals.

Die Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft und Hochschule ist das große Plus der Fachhochschulen. Zum einen für die Studenten, zum anderen auch für die Dozenten. Während Uni-Professoren für Wirtschaftsunternehmen in der Regel uninteressant sind, erlaubt die Berufung an eine FH den Weg zurück ins Business.

Sich in beiden Welten zu bewegen ist ohnehin erwünscht. Samuels: "Uns ist es wichtig, dass die Professoren parallel zu ihrer Arbeit an der HSBA in der Praxis tätig bleiben." Denn mit diesen "Nebentätigkeiten" sind die Profs immer auf dem aktuellen Stand der Wirtschaft. Computersysteme etwa wechseln sehr schnell, sagt Samuels. Da könne es sich kein Lehrender erlauben, lange der Praxis fernzubleiben

Die Wirtschaftsnähe ist ein gewichtiges Argument pro FH, denn das Einstiegsgehalt liegt in der Regel niedriger als an Universitäten. Bei den Fachhochschulen steht am Anfang meist die Einstufung in die Besoldungsgruppe W2 - je nach Bundesland sind das bis zu rund 5100 Euro im Monat. Einsteiger an der Uni starten dort laut Hubert Mücke vom Hochschullehrerverbund oft schon mit W3.

Außerdem fänden exzellente Bewerber aus technischen Fächern in der freien Wirtschaft meist deutlich besser bezahlte Jobs. An der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin zum Beispiel seien Berufungsverfahren aus Nachwuchsmangel bereits mehrfach wiederholt worden, sagt Sprecherin Gisela Hüttinger - in der Elektrotechnik sogar ganze viermal.

Wer sich zunächst einmal an einer FH ausprobieren will, kann sich als Lehrbeauftragter ohne Professur verdingen. An der HSBA gibt es davon mehr als 200. "So macht man sich mit dem Umfeld vertraut", sagt Geschäftsführer Uve Samuels. Viele bleiben dabei und streben später eine Professur an, hat er festgestellt. "Ein Lehrauftrag ist der ideale Einstieg."