Ein Kommentar von Mark Hübner-Weinhold

Wir erleben die zweite Erfindung der Dampfmaschine. So einschneidend vollzieht sich gerade der digitale Umbruch unserer Arbeitswelt. Unzählige Berufe und Arbeitsabläufe verändern sich radikal und rasant. Dennoch verhält man sich in vielen Organisationen wie die drei Affen aus der Lehre des buddhistischen Gottes Vadjra: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Während die drei Affen in Japan die Bedeutung "über Schlechtes weise hinwegsehen" haben, werden sie in der westlichen Welt eher als "alles Schlechte nicht wahrhaben wollen" interpretiert.

So wird der digitale Wandel, der die Wirtschaft und unseren Alltag mit brachialem Tempo verändert, von vielen noch als vorübergehende Erscheinung abgetan. "Das wird sich schon wieder legen, mich betrifft das nicht" ist eine Haltung, die im Arbeitsleben bei Mitarbeitern, Kollegen und Chefs nicht selten anzutreffen ist. Und das sogar bei Menschen, die noch locker 15, 20 und mehr Jahre bis zur Rente vor sich haben.

Verblüffend ist manchmal die Hilflosigkeit, mit der selbst Geschäftsführer und Personalleiter auf den digitalen Wandel reagieren. Da wird ernsthaft noch über die Frage gestritten, ob man Smartphones, Internet und soziale Netzwerke am Arbeitsplatz zulassen sollte. Dabei nutzen fast alle heutigen und sicher alle zukünftigen Arbeitnehmer Google, Facebook, Twitter & Co. auf mobilen Geräten in ihrer Freizeit. Wer das nicht erkennt und für berufliche Zwecke zu nutzen versteht, könnte auch den Faustkeil wieder als Werkzeug einführen.

Wie bei allen Revolutionen sind auch in der schönen neuen Cyberwelt extreme Auswüchse zu beobachten. Wir mögen uns darüber aufregen oder es milde belächeln, wenn Gruppen von Menschen ständig in ein Gerät tippen oder ihr Smartphone streicheln anstatt miteinander zu reden. Doch dürfen uns solche Missstände nicht blind machen für die Chancen. Analoge Ignoranz hilft uns nicht weiter. Das Schlagwort der "digitalen Demenz" ist vor allem ein Appell an den gesunden Menschenverstand, die Technologien mit Augenmaß einzusetzen. Die Entscheidung, sie auch einmal abzuschalten, trifft übrigens jeder selbst.