Mit Realschulabschluss und Meisterbrief: Der Zugang zu den Hochschulen ist einfacher geworden. Für viele kann das ein Karriereschub sein

Vom Kfz-Mechatroniker zum Ingenieur - das klingt nach einem ungewöhnlichen Bildungsweg. Möglich ist er aber. Denn wer einen Meisterbrief in der Tasche hat, kann sich an vielen deutschen Hochschulen für ein Studium bewerben.

Möglich ist das erst seit 2009. Die Kultusministerkonferenz beschloss, den Meister mit der allgemeinen Hochschulreife gleichzustellen. Denn das deutsche Bildungssystem sollte durchlässiger werden. Auch die zuvor sehr unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben zum Studium ohne Abitur in den einzelnen Bundesländern sollten vereinheitlicht werden. Seitdem hat sich in den Ländern viel getan: Handwerker können sich heute in fast allen Ländern nicht nur an Fachhochschulen, sondern auch an Universitäten einschreiben.

Zwischen 2007 und 2010 hat sich der Anteil der Studienanfänger ohne Hochschulreife an allen Studienanfängern in Deutschland fast verdoppelt. Laut dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) stieg er von 1,09 auf 2,08 Prozent. Damit büffeln insgesamt derzeit 12.000 Studienanfänger ohne Abitur oder Fachabitur an deutschen Hochschulen.

Ein Studium kann für Handwerker aus mehreren Gründen sinnvoll sein: Die einen schließen ein BWL-Studium an, um in ihrem Betrieb in einen Führungsjob zu kommen. Die anderen machen noch ein Studium in den Ingenieurwissenschaften. Denn einige Industriebetriebe lagerten die Bereiche Forschung und Entwicklung inzwischen an ihre handwerklichen Zulieferer aus, sagt Volker Born vom Zentralverband des Deutschen Handwerks). Doch der Weg vom Mechatroniker zum Maschinenbauingenieur ist nicht leicht.

"Die Regelungen in den Bundesländern sind immer noch sehr unterschiedlich", sagt Sigrun Nickel, Forscherin am CHE. Orientierung bietet seit Januar das Portal studieren-ohne-abitur.de, das das CHE aufgebaut hat. Dort finden angehende Akademiker nicht nur eine Übersicht über 4000 Studienangebote, sondern auch Tipps zum Studium, zu Stipendien und Krediten. "Wenn man passende Studiengänge in der Datenbank herausgefiltert hat, sollte man direkt Kontakt zu den Hochschulen aufnehmen, um sich individuell beraten zu lassen", sagt Nickel.

Im Beratungsgespräch sollte geklärt werden, ob die Meisterstudenten einen Vorkurs brauchen. Gerade in technischen Fächern raten Experten zu diesen Brückenkursen. "In manchen Fachbereichen wie den Ingenieurwissenschaften sind sie nach ersten Erfahrungen unabdingbar", sagt Schwarz.

Außerdem sollte beim Berater nachgefragt werden, ob durch die Vorqualifikation die Studienzeit verkürzt werden kann. "Das machen nur wenige Hochschulen", sagt Born. "Vorbildcharakter hat etwa die Fachhochschule für die Wirtschaft in Hannover: Dort werden Meister des Kfz- und des Landmaschinengewerbes pauschal 75 von 210 Credit Points auf den Wirtschaftsingenieur-Bachelor angerechnet."

"Studieninteressierte sollten prüfen, welches Studienformat an was für einer Hochschule ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht", rät Jochen Schwarz, Referent der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Oft sind für Meisterstudenten Hochschulen besonders geeignet, die ein berufsbegleitendes Studium ermöglichen. "Handwerksmeister stehen anders im Leben als Abiturienten. Sie haben oft Familie oder einen eigenen Betrieb", gibt Born zu bedenken.

Besonders beliebt ist daher das Fernstudium: Ein Umzug ist nicht nötig, außerdem kann man in seinem Job bleiben und sich das Lernpensum eigenständig einteilen. Das bedeutet allerdings, dass man sich selbst motivieren muss, die Studienhefte abends und am Wochenende durchzuarbeiten.

Ist das passende Studium gefunden, bleibt vielen Meisterstudenten das Problem mit der Finanzierung. Stipendien gibt es für die Zielgruppe der beruflich qualifizierten Studenten kaum. Bestehende Förderprogramme wie BAföG oder Stipendien von Stiftungen sind meist nur bis zum 30. Lebensjahr möglich, und die Summen sind mit wenigen Hundert Euro eher gering. Eine Ausnahme ist das Aufstiegsstipendium des Bundesbildungsministeriums (www. bmbf.de/aufstiegsstipendium). Dafür müssen qualifizierte Praktiker aber eine besonders hohe Leistungsfähigkeit nachweisen.

Alle anderen sollten mit dem Personalchef ihrer Firma über einen Zuschuss sprechen. Manchmal lassen sich diese auf die Investition ein. Arbeitnehmer können ihnen zum Beispiel vorschlagen, schriftlich einen minimalen Verbleib im Unternehmen zu vereinbaren. So weiß die Firma, dass der Arbeitnehmer nicht mit dem gewonnenen Know-how nach dem Abschluss ins nächste Unternehmen entschwindet.