Die Leserfrage: Ich bin Alkoholiker. Meine Firma hat mir sehr geholfen, trocken zu werden. Jetzt hatte ich einen Rückfall. Was habe ich zu erwarten?

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Wird ein Arbeitnehmer durch Alkoholmissbrauch auffällig oder arbeitsunfähig, muss der Arbeitgeber einschätzen, ob es sich um eine einmalige Verfehlung handelt oder der Arbeitnehmer alkoholkrank ist. Denn eine verhaltensbedingte Kündigung nach Abmahnung kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer seinen Alkoholgenuss noch steuern kann. Ist der Arbeitnehmer hingegen Alkoholiker, hat der Alkoholmissbrauch also Suchtcharakter, scheidet in der Regel eine verhaltensbedingte Kündigung aus, weil man nicht von einem Verschulden des Arbeitnehmers sprechen kann.

Der Arbeitgeber kann dann jedoch personenbedingt kündigen. Und zwar, wenn eine negative Gesundheitsprognose besteht. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer durch seine Alkoholsucht längerfristig arbeitsunfähig und nicht zu einer Therapie bereit ist. Besteht hingegen Therapiebereitschaft, darf der Arbeitgeber nicht kündigen. Er muss vielmehr seinem Mitarbeiter ermöglichen, dass er eine Entziehungskur absolviert. Scheitert die Therapie, führt dies in der Regel zu einer negativen Gesundheitsprognose und berechtigt den Arbeitgeber zur Kündigung. Ist hingegen die Therapie zunächst erfolgreich und kommt es dann zu einem unverschuldeten Rückfall, darf daraus meist noch keine negative Gesundheitsprognose abgeleitet werden.

Wichtig ist es deshalb in Ihrem Fall, dem Arbeitgeber durch ein ärztliches Attest nachzuweisen, dass der Rückfall unverschuldet war und Sie weiterhin ernsthaft daran arbeiten, nicht erneut rückfällig zu werden. Erst bei weiteren Rückfällen oder wenn eine zweite Entziehungskur scheitert, wäre Ihr Arbeitgeber wohl zur Kündigung berechtigt.

Unser Autor Dr. Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. www.rae-gleim.de