Die Schulung von Mitarbeitern ist kein Schönwetterprogramm. Auch kommunikative Kompetenz steigert den Erfolg, sagt Beraterin Petra Lange.

Laut Umfrage des Beratungshauses PricewaterhouseCoopers (PwC) haben es 90 Prozent der Arbeitgeber schwer, die richtigen Fachkräfte am Arbeitsmarkt zu finden. Managementberaterin Petra Lange rät zu systematischer Weiterbildung eigener Mitarbeiter.

Hamburger Abendblatt: In 60 Prozent der Firmen stehen jährlich maximal fünf Weiterbildungstage pro akademischer Fachkraft zur Verfügung, hat die PwC-Umfrage ergeben. Das ist wenig oder?

Petra Lange: Es kommt darauf an. Wenn man wirklich fünf Tage dafür freigestellt wird, ist das nicht so wenig. Außerdem ist immer die Frage, wie viel Weiterbildung zusätzlich "on the job", also nebenbei am Arbeitsplatz stattfindet. Es wird immer wichtiger, vor Ort auf Projekten zu lernen. Im Übrigen: Wenn Leute in speziellen Programmen sind, etwa als Führungsnachwuchs, dann können aus der Weiterbildung auch schnell einmal zehn Tage im Jahr werden. Die Frage ist immer, welche Zielgruppen weitergebildet werden.

Klingt da durch, dass nur spezielle Gruppen weitergebildet werden?

Lange: Es ist eher ein inhaltlicher Unterschied. Auf Mitarbeiterebene finden viel mehr Fachtrainings statt, soziale Aspekte werden weniger berücksichtigt. Klar, im Führungskräftebereich sind die Sozialkompetenzen noch einmal wichtiger. Aber auch Mitarbeiter benötigen immer mehr kommunikative Kompetenz - etwa, wenn ein Gruppenleiter in der Produktion nun Sitzungen moderieren soll. Ich finde eher erschreckend, dass Weiterbildung oft auch bei Führungskräften zu kurz kommt.

Warum ist das so?

Lange: Viele Unternehmen, zum Beispiel im medizinischen Bereich, sind es noch gewohnt, ihre Bewerber unter vielen Kandidaten aussuchen zu können. Doch das hat sich geändert. Am Beispiel Krankenhaus kann man aber gut sehen, wie wichtig es ist, Weiterbildung fürs Personalmarketing einzusetzen. Junge Assistenzärzte, die Facharzt werden wollen, sind zum Beispiel daran gebunden, dass sie bestimmte Untersuchungen und Operationen durchführen dürfen. Als Arbeitgeber kann man sich darüber attraktiv machen, dass man garantiert, innerhalb von fünf, sechs Jahren kann bei uns jeder Facharzt werden.

Mit welchen Überlegungen beginnt eine systematische Weiterbildung?

Lange: Die erste Frage ist, wo will ein Unternehmen hin: Was ist die strategische Ausrichtung? Das orientiert sich an den Anforderungen der Zukunft. Aus der Strategie leiten sich die Anforderungen an die Mitarbeiter ab. Also muss man als nächstes gucken, welche Zielgruppen weitergebildet werden müssen. Die Frage dahinter: Welche und wie viele Mitarbeiter auf welchen Positionen brauche ich für meine Strategie? Und welche Kompetenzen sollen sie auf fachlicher, methodischer und sozialer Ebene haben? Für die Strategie sollte man etwa fünf Jahre in die Zukunft schauen - und dabei auch die Demografie berücksichtigen. Welche Mitarbeiter habe ich an Bord, wie viele scheiden wann aus, werde ich Personal abbauen? Weiterbildungsmaßnahmen sollte man mit Vorlauf immer ein- bis zweijährig planen - und dabei flexibel bleiben.

Bezieht das Unternehmen die Mitarbeiter in die Planung ein?

Lange: Ich empfehle eine jährliche Mitarbeiterbefragung und regelmäßige Gespräche zwischen Führungskräften und Beschäftigten. Wo habt ihr den Bedarf, wo wollt ihr selbst hin? Wenn wir über stimmige Weiterbildung sprechen, dann ist das die richtige Intervention zum richtigen Zeitpunkt. Oft geht es gar nicht um das große Seminar, sondern ist ganz einfach und von der Führungskraft steuerbar, zum Beispiel indem man sagt: Du hospitierst einmal in einer anderen Abteilung, oder vom Kollegen xy kannst du das und das lernen. Die Führungskraft ist dafür verantwortlich zu erkennen, was der Mitarbeiter braucht. Und auch dafür, Potenzial zu erkennen: Vielleicht hat ein Mitarbeiter nur noch ein Didaktik-Seminar nötig, um sein Wissen "on the job" an Kollegen weiterzugeben.

Wie erkennt man die Qualität einer Weiterbildung?

Lange: Viele Anbieter lassen ihre Weiterbildungen zertifizieren. Doch die Qualität der Zertifikate ist nicht einfach zu erkennen. Meine Empfehlung ist darum, Gespräche mit mehreren Weiterbildungsanbietern zu führen und dann der Intuition zu folgen. Wichtiges Kriterium ist, dass die Weiterbildung die individuelle Ausgangslage eines Unternehmens berücksichtigt und nicht nach dem Gießkannenprinzip arbeitet.

Was kann eine Personalabteilung mit systematischer Weiterbildung für ihr Unternehmen erreichen?

Lange: Zunächst einmal zufriedene Mitarbeiter, niedrigere Fluktuation, dadurch bleibt Wissen im Unternehmen. Wenn wir vom Fachkräftemangel sprechen: Das Unternehmen zeigt sich als ein attraktiver Arbeitgeber. Im Endeffekt geht es um harte Dollars. Man entwickelt seine Weiterbildung ja nicht, weil es ethisch-moralisch gerade angesagt ist, sondern weil es geschäftlichen Erfolg bringt.

Können Sie beziffern, was gute Weiterbildung pro Jahr und Mitarbeiter kostet?

Lange: Es ist schwierig, das pauschal zu sagen. Aber es sollte sich am Gehalt des Mitarbeiters und an seinem Entwicklungspotenzial orientieren. Ganz grob geschätzt würde ich mit 1000 bis 2000 Euro pro Jahr pro Mitarbeiter rechnen.

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