Warum denken eigentlich so viele, dass der Boss im Büro ihr Feind ist? Weil er immer wieder die Arbeit kritisiert? Weil er nie zufrieden ist mit seinen Angestellten? Ich möchte hier einmal eine Lanze brechen - für den Boss. Denn eines darf man dabei doch nicht vergessen: Er will auch nur, dass der Job gemacht wird, für den alle Kollegen eingestellt wurden. Und - geben wir es zu - so manches Mal hat er berechtigte Gründe zu meckern.

Wenn der Chef zum Beispiel ungeduldig mahnt: "Das muss aber heute unbedingt noch fertig werden", hätte auch jeder selbst darauf kommen können - am besten, bevor der Vorgesetzte hinter dem Rücken des Mitarbeiters steht und mit den Fingern ungeduldig auf dessen angespannte Schultern hämmert. Was spricht denn eigentlich dagegen, das nächste Mal einfach früher anzufangen, sich selbst ein bisschen besser zu organisieren? Dann findet der Chef auch keine Gründe zu kritisieren oder zu nerven.

Und noch etwas: Berechtigte Kritik persönlich zu nehmen hilft keinem weiter. Solange der Chef zu Recht etwas zu bemängeln hat, muss der Angestellte nicht nachtragend sein. Er sollte stattdessen versuchen, konstruktive Kritik hin-, besser noch anzunehmen.

Sie wenden ein: "Aber neulich, das war ja alles andere als konstruktiv ..." Kann sein. Das soll sich jetzt auch nicht so anhören, als wenn ich einen ungerechten Vorgesetzten in Schutz nehmen will. Aber vielleicht hat auch ein Vorgesetzter einfach einmal einen miesen Tag. Oder schlecht geschlafen. Er ist doch auch nur ein Mensch!

Was dann? Nun, wenn der Chef es gerade einmal nicht kann, warum geht der Mitarbeiter nicht einfach mit gutem Beispiel voran? Seid nett zueinander, heißt es doch nicht umsonst. So kann dem Big Boss gezeigt werden, wie man miteinander umgeht.

Die eine oder andere Spitze im richtigen Ton kann er dann bestimmt auch besser verzeihen. Etwa wenn man ihn fragt, ob er die jüngsten Führungsseminare "Wie motiviere ich meine Mitarbeiter?" und "Wie lerne ich, meine Launen nicht am Personal auszulassen?" verpasst habe ...

Gabriela Gränert ist Redaktionsassistentin für die Ressorts Wirtschaft und Politik beim Abendblatt.