Ein Kommentar von Mark Hübner-Weinhold

Warum hat Müller einen Blackberry und ich nicht? Und warum bekommt die neue Kollegin Schmidt ein iPad von der Firma? Die technische Ausstattung der Personals ist stets ein Hort leidenschaftlicher Neiddebatten - so wie die Zuteilung von Einzelbüros, die Größe des Dienstwagens oder auch nur der Fensterplatz im Großraumbüro. Viele Firmen regeln deshalb haarklein, wer in welcher Funktion was erhält.

Sie können sich natürlich gern ärgern, weil Sie nicht mit einem dieser digitalen Schweizermesser ausgerüstet worden sind. Oder Sie freuen sich einfach mal darüber. Warum? Weil Sie täglich zwei Stunden weniger arbeiten als die Kollegen mit den iPhones, Galaxys und Blackberrys.

Das jedenfalls hat eine britische Studie im Auftrag des Internethändlers Pixmania ergeben. Die Umfrage unter 2000 Befragten ergab, dass 90 Prozent der Büroangestellten über ein internetfähiges Handy verfügen. Ein Drittel von ihnen checkt seine E-Mails mehr als 20-mal am Tag. Das summiert sich übers Jahr gerechnet auf durchschnittlich 460 zusätzliche Arbeitsstunden, also rund zwei Überstunden pro Tag, meistens unbezahlt.

Mal ehrlich: Ist das wirklich smart? Aus der Sicht von Arbeitgebern ja, zumindest auf den ersten Blick. Schließlich bekommen sie mehr Leistung bei gleichen Personalkosten. Doch langfristig wird sich eine solche Kalkulation als gigantischer Rohrkrepierer erweisen.

Denn wer für die Firma immer und überall erreichbar ist, kann nicht mehr abschalten, gönnt seinem Geist keine Erholung und läuft geradewegs hinein in die Erschöpfungsspirale. Ein Indiz dafür ist die dramatisch steigende Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen: 53,5 Millionen Fehltage fielen 2010 in Deutschland an. 2001 waren es noch 33,6 Millionen. Die vermeintliche Freiheit durch digitale Mobilität entpuppt sich also als trügerisch.

Die Arbeitgeber - und das bedeutet immer die direkten Vorgesetzten - sind also klug beraten, wenn sie Freizeit auch zur Offline-Zeit erklären. Allerdings: Ein Smartphone ist nur so smart wie derjenige, der es benutzt. Denn die Entscheidung zum Abschalten trifft jeder Einzelne für sich selbst.