Top im Job: Wie Berufstätige sich ein Netzwerk aufbauen und es nutzen, erklärt Michaela Schlichting

Berufstätige sollen netzwerken, wird immer geraten. Aber was bringt das eigentlich? "Der Klassiker unter den Gründen ist natürlich, dass man bei der Suche nach einem neuen Job von seinen Kontakten empfohlen werden kann", sagt Kommunikationstrainerin Michaela Schlichting.

"Darüber hinaus erhält man im Netzwerk aber auch Tipps für die verschiedensten beruflichen Situationen", erklärt die Diplom-Psychologin. "Zum Beispiel, wenn man in einem Konflikt mit einem Kollegen steckt, wenn man wissen will, wie gut oder schlecht eine bestimmte Weiterbildung ist, oder wenn man Ansprechpartner für ein Auslandspraktikum sucht." Den Aufbau des Netzwerks müssen Berufstätige langfristig betreiben. Schlichting: "Schnell mal ein paar Kontakte machen, wenn man gerade arbeitslos geworden ist - das funktioniert nicht. Dann fühlen sich die anderen ausgenutzt."

Auch für Berufseinsteiger findet Schlichting Netzwerken wichtig: "So können sie sich zum Beispiel unternehmensintern Mentoren und Vorbilder suchen." Der Erfolg ist fast programmiert: "Die Angesprochenen geben ihre Erfahrungen in der Regel gern an engagierte Nachwuchskräfte weiter."

Im Gegenzug können Azubis oder Trainees, deren berufliche Erfahrung ja noch begrenzt ist, zum Beispiel anbieten, bei Veranstaltungen zu helfen, regt Schlichting an. Hochschulabsolventen punkten auch mit Fachwissen: "Was sie an Informationen von der Uni mitbringen, kann für langjährig im Beruf Stehende spannend sein." Geben und Nehmen - das ist das Wichtigste beim Netzwerken. Wobei das Geben zunächst im Vordergrund stehen sollte, um eine solide Bekanntschaft aufzubauen.

Menschen zum Netzwerken trifft man überall - bei Seminaren, Vorträgen, Messen, Kongressen, Branchenstammtischen. Aber auch, wenn bei der Firmenfeier Kollegen aus entfernten Abteilungen dabei sind. Michaela Schlichting rät Akademikern außerdem, Alumni ihrer Hochschule zu bleiben. "Viele Kommilitonen werden in vielversprechende Positionen aufrücken", sagt sie. Nicht zuletzt sei das Internet ein Platz fürs Networking. "In Deutschland ist Xing die erste Anlaufstelle, international LinkedIn."

Seine künftigen Netzwerkpartner anzusprechen ist dann gar nicht mehr so schwierig. "Man kann eigentlich mit allem anfangen, außer es besteht die Gefahr, damit starke Gefühle auszulösen", sagt die Kommunikationsexpertin. "Tabu sind zum Beispiel Krankheit, Religion, extreme politische Ansichten." Nur vor ein paar Fehlern sollte man sich hüten. Heißt: keine Monologe halten, nicht zu viele Witze machen, keine plumpe Vertrautheit zeigen und dem anderen auch körperlich nicht zu nahe treten. "Gut ist es, offene Fragen zu stellen, die nicht nur ein Ja oder Nein erfordern", sagt die Psychologin. Aber auch nicht zu viele hintereinander. "Man muss erst einmal gucken, ob der andere auch Interesse zeigt, sich mit einem zu unterhalten."

Ist der Kontakt gemacht, geht es darum, ihn am Laufen zu halten - zum Beispiel indem man dem neuen Bekannten ein paar Tage nach dem Treffen einen Artikel mailt, der ihn interessieren könnte, oder ihn auf eine weitere Veranstaltung hinweist. "Wenn keine Antwort kommt, sollte man aber nicht gleich aufgeben", sagt Michaela Schlichting. "Nach einer Weile versucht man es einfach noch einmal."

Als groben Richtwert gibt sie an: Netzwerker sollten sich viermal im Jahr bei sehr wichtigen Kontakten melden, zweimal im Jahr bei durchschnittlich wertvollen Kontakten und einmal im Jahr bei den weniger wichtigen.