Die Fortbildung zum Geprüften Wirtschaftsfachwirt ist eine Erfolgsgeschichte. Quereinsteigerin Nini-Nadin Stoll schaffte damit einen Karrieresprung

Werbung, Schauspiel, Personalabteilung - der berufliche Werdegang von Nini-Nadin Stoll ist spannend und vielseitig. Nach ihrem Schulabschluss in Solingen und einer Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin mit Schwerpunkt Medien und Kommunikation begann Stoll Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Parellel dazu machte sie ein Praktikum bei einem Werbefotografen sowie eine Regiehospitanz am Theater an der Kö in Düsseldorf und der Oper Wuppertal. Doch ihr Kindheitstraum, Schauspielerin zu werden, ließ sie nicht los. Deshalb bewarb sie sich spontan beim Hamburger Schauspiel-Studio Frese - und wurde sofort angenommen.

Nach dem Schauspielstudium folgten Engagements in der Komödie Winterhuder Fährhaus und bei den Hamburger Kammerspielen, wo Nini-Nadin Stoll auch zwei Soloprogramme hatte. Schließlich begann die in Seevetal lebende junge Frau 2008 in der Werbeagentur kempertrautmann, die seit August thjnk heißt, als Empfangssekretärin. Stoll wollte jedoch anspruchsvolle Aufgaben übernehmen und begann im Januar 2010 die Aufstiegsfortbildung zum Geprüften Wirtschaftsfachwirt beim HKBiS Bildungs-Service der Handelskammer Hamburg. Stoll: "Ich wollte mir damit ein betriebswirtschaftliches Fundament verschaffen, gerade weil ich aus dem kreativen Bereich komme." Dieser Lehrgang hat seit seinem Start 2009 eine überraschende Erfolgsgeschichte hingelegt und zählt mit über 300 Teilnehmern zu den beliebtesten Aufstiegsfortbildungen der HKBiS. "In diesem Jahr ist mit bereits über 100 Anmeldungen der Erfolgskurs besonders rasant", sagt HKBiS-Geschäftsführer Holger Höhr. Als Hauptgrund für die starke Resonanz sieht Höhr das thematisch breit gefächerte Spektrum der Weiterbildung. "Wirtschaftsfachwirte zeichnen sich durch umfassende Kenntnisse im kaufmännischen Bereich aus. Die Absolventen sind betriebswirtschaftliche Allrounder." Das mache den Abschluss vor allem für diejenigen interessant, die sich möglichst viele Optionen für ihren weiteren Karriereweg offenhalten wollen.

Allerdings fordert der berufsbegleitende Lehrgang von den Teilnehmern viel Einsatz, was auch Nini-Nadin Stoll feststellte. "Das macht man nicht so nebenbei. Ich habe jede Woche etwa zwölf Stunden gelernt." Zusätzlich zum Lehrgang, der donnerstagabends und den ganzen Sonnabend stattfindet - 14 Monate lang. Vor allem die Fächer Rechnungswesen und Steuern seien lernintensiv. "90 Prozent der Teilnehmer hatten damit zu kämpfen", sagt Stoll. Dennoch sei die Abbrecherquote, die bei fünf Prozent liegt, relativ gering, erklärt Andrea Heinzberger vom HKBiS.

Der Lehrgang, an dem jeweils 25 bis 30 Personen aus unterschiedlichen Berufen teilnehmen, besteht aus zwei Teilen. Der erste befasst sich mit Themen wie Volks- und Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Rechnungswesen, Recht und Steuern und schließt mit einer Prüfung ab. Im zweiten Teil stehen dann Fächer wie Marketing, Vertrieb, Logistik und Mitarbeiterführung an. Die Fortbildung zum Wirtschaftsfachwirt ist quasi wie ein kleines BWL-Studium, sagt Heinzberger, und vermittle zudem methodisches und organisatorisches Know-how. Außerdem sei sie die beste Vorbereitung für diejenigen, die den Betriebswirt als Ziel haben. Als Generalisten, die branchenübergreifend innerbetriebliche Zusammenhänge sowie gesamtwirtschaftliche Abläufe beurteilen können, übernehmen Geprüfte Wirtschaftsfachwirte später Führungsaufgaben unter anderem als Einkaufsleiter, Personalreferenten oder in der Finanzbuchhaltung.

Was möglich ist, zeigt das Beispiel einer Fotografin, die nach erfolgreichem Lehrgang außerdem als stellvertretende Filialleiterin tätig ist. Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Aufstiegsfortbildung liegt in den Zulassungsvoraussetzungen, sagt Heinzberger. So werden nicht unbedingt kaufmännische Kenntnisse vorausgesetzt, dann ist jedoch Berufspraxis nachzuweisen, wie das Beispiel von Nini-Nadin Stoll zeigt. Diese bedauert jedoch, dass der Lehrgang keine Praktika vorsieht. "Das hätte ich mir gewünscht."

Die junge Frau ist mit dem Ergebnis zufrieden. "Ich habe mein Ziel erreicht", sagt sie, denn nach der Fortbildung wurde sie prompt befördert. Stoll arbeitet seitdem in der Personalabteilung der Agentur im Bereich Ressourcenmanagement. "Diese Position wurde nach der Umstrukturierung der Agentur neu geschaffen und befasst sich mit der optimalen Einsatzplanung unserer Mitarbeiter auf unsere verschiedenen Kunden." Doch Quereinsteigerin Stoll hat bereits weitere Pläne. "Ich möchte unbedingt noch Arbeitsrecht machen und habe mir schon einen Kursus ausgesucht."

Der nächste Lehrgang beim HKBiS beginnt am 20.2. 2013. Eine Fortbildung zum Wirtschaftsfachwirt bieten ferner an: die ebam-Akademie (Beginn: 19.11.), die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, die Technische Akademie Nord, das Fernlehrinstitut ILS.