Die Beschäftigten werden zwar selten reich, sind dafür aber oft zufrieden. Zwei Studiengänge an HAW und Uni bilden die Gemeinschaftsexperten aus

Sozialarbeiter werden an allen Fronten gebraucht. Als Mitarbeiter sozialer Organisationen unterstützen sie Migranten oder helfen als Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung Straftätern bei der Resozialisierung. Sie arbeiten in Pflegeeinrichtungen mit an Demenz erkrankten Patienten deren Erinnerungen auf oder untersuchen im Dienst von Staat oder Verbänden, wie sich soziale Strukturen verbessern lassen.

Nicht zuletzt springen sie ein, wenn die Familie an ihre Grenzen stößt. Jüngst hat das Statistikamt gemeldet, dass 22,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Hamburg auf Hilfe vom Staat angewiesen seien. Sozialwissenschaftler und Soziologen arbeiten in diesem Bereich zum Beispiel in öffentlich geförderten Einrichtungen, die sozialpädagogische Betreuung, Hausaufgabenhilfe, Mahlzeiten oder Sportmöglichkeiten anbieten.

Lisa-Marie Klinger sollte somit keine Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu finden, wenn sie in einem Jahr ihren Master in "Soziale Arbeit" macht. Noch schwankt die Studentin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) zwischen Jugendarbeit, einer frauenspezifischen Einrichtung und dem Allgemeinen Sozialen Dienst.

Menschen zu helfen hat der 30-Jährigen schon immer Spaß gemacht, früh hat sie ehrenamtlich Kinder- und Jugendgruppen geleitet. Dass sie mit ihrer Arbeit nicht reich werden wird, stört sie nicht. "Zufriedenheit kann man nicht kaufen, und zum Leben genügen auch die Gehälter im sozialen Bereich." Mit 2800 Euro netto im Monat (Bachelor) bis zu 4000 Euro (Master) können Absolventen für eine Vollzeitstelle rechnen, schätzt Professor Jens Weidner, Leiter des Departments Soziale Arbeit an der HAW. "Das ist okay, wird aber auch gerne von Sozial-Arbeitgebern unterboten. Es gilt die traurige Faustregel: Je näher am Menschen gearbeitet wird, desto geringer das Gehalt." Dazu komme ein nicht eben glänzendes Image: "Der Studiengang beschäftigt sich mit den Schmuddelecken und sozialen Missständen in Hamburg, natürlich immer mit dem Ziel, sie zu beheben."

Das Wort Idealismus mag Weidner nicht hören. Das klingt ihm zu sehr nach Naivität, "und unsere Studenten sind nicht naiv". Dann wären sie im manchmal rauen Alltag auch verloren. Vielmehr sollten sie Einsteckerqualitäten mitbringen und müssten das richtige Verhältnis von Nähe und Distanz lernen. "In der Praxis könnte das heißen: Wir versuchen einen Selbstmörder vom Dach herunterzureden. Dabei müssen wir authentisch sein und Hoffnung vermitteln, zugleich aber die professionelle Distanz wahren, um die im Studium gelernten Strategien anwenden zu können." Diese Strategien zielen laut Weidner ab auf: "Konkrete Hilfe für Betroffene, strukturelle Bedingungen auf sozialpolitischer Ebene verbessern sowie gesellschaftspolitisches Engagement."

Doch was genau ist eigentlich gesellschaftspolitisches Engagement? Was bedeutet es in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern? Und wie hat es sich im Vergleich zu früher entwickelt? Solchen Fragen gehen die Studenten im Fach Soziologie an der Uni Hamburg nach. "Im Zentrum des Studiengangs stehen drei große Bereiche: soziologische Theorien, Methoden der empirischen Sozialforschung sowie Sozialstrukturanalyse im historischen und internationalen Vergleich", sagt Studienkoordinator Jörg Ebrecht.

Im dritten Studienjahr folgt die Spezialisierung durch Wahl eines Vertiefungsmoduls. Sieben stehen zur Auswahl, von Wirtschaft und Betrieb bis Kriminalität und Kontrolle. "Unabhängig von ihrem Einsatzfeld machen Soziologen stets das Gleiche: Sie werden in einem unbekannten Umfeld mit Informationen und einer spezifischen Fragestellung konfrontiert und müssen dann Daten aufbereiten, analysieren und anschließend die Ergebnisse präsentieren", sagt Ebrecht. Kompetenzen, die am Arbeitsmarkt überall stark gefragt sind, betont er.

Gesucht seien Soziologen dann auch branchenunabhängig in allen Unternehmen oder Organisationen mit Abteilungen, in denen Daten quantitativ oder qualitativ aufbereitet und ausgewertet werden müssen. "Den Absolventen bieten sich somit vielfältige Berufsfelder, für die sie allerdings oft schon durch die Wahl ihres Nebenfachs die Weichen stellen." Das nämlich, sagt Ebrecht, sei eine Besonderheit des sechssemestrigen Studiengangs Soziologie an der Uni: "Das Nebenfach kann aus sämtlichen Studiengängen der Universität frei gewählt werden - und das sind rund 50."