Top im Job: Nicht jammern, sondern aktiv die berufliche Zukunft gestalten, rät Coach Tom Diesbrock

"Jeder Beschäftigte muss sich heute wie ein selbstständiger Unternehmer verhalten", sagt Psychologe und Karrierecoach Tom Diesbrock. Die Einstellung "Meine Firma sorgt schon für mich" oder das Gefühl, bis zur Rente bei ein und demselben Arbeitgeber bleiben zu können, sei mittlerweile trügerisch. "Selbst das Versprechen an junge Leute: 'Wenn ihr im Ausland wart und einen guten Uni-Abschluss habt, macht ihr auch Karriere', kann nicht mehr gehalten werden."

Einen Grund zu jammern sieht er darin nicht. "In der Krise muss man anfangen, aktiv und nicht nur reaktiv zu handeln." Diesbrock hält die Menschen für alles andere als ohnmächtig angesichts der Veränderungen in der Arbeitswelt. "Nur wenn mein Selbstbild ist, 'Ich kann ja gar nichts tun, ich bin hilflos', dann bin ich das auch", sagt der Autor von "Jetzt mal Butter bei die Fische", einem Selbstcoaching-Ratgeber für die berufliche Neuorientierung (Campus, ab Montag im Handel).

Diesbrock plädiert dafür, ein negatives Selbstbild unbedingt infrage zu stellen - und zwar, indem man es von einer höheren Ebene aus betrachtet. "Wann immer ich keine Alternativen mehr für mich sehe und fühle, etwas ist ungut, dann sollte ich Stopp sagen, durchatmen, meine Situation aus einer höheren Perspektive betrachten", sagt er. "Wenn ich an dem Punkt bin, wo ich mich frage, warum geht es mir eigentlich so schlecht, bin ich schon auf dem besten Weg heraus aus der Misere."

Die Idee, aktiv statt reaktiv zu sein, beinhaltet auch, eine Vorstellung von seiner Zukunft zu haben. "Man muss über sein jetziges Unternehmen und seine Abteilung hinausdenken, sonst landet man ganz schnell wieder beim Vertrauen auf die alten Karrierewege", sagt Diesbrock. Erster Ansatz auf dem Weg ins Selbstunternehmertum wäre also: Der Arbeitnehmer muss wissen, was er erreichen will und was der nächste sinnvolle Schritt dahin ist.

Eine "aktive Karrierestrategie entwickeln" heißt das für den Psychologen. "Das ist wie Schwimmen lernen. Alles andere wäre nur am Rand festhalten." Über sein Ziel macht man sich am besten schriftlich und ausführlich Gedanken. "Mal eben auf der Fahrt zur Arbeit funktioniert das nicht." Oben auf dem Blatt Papier könnte stehen: "Wie soll meine Welt in zehn Jahren aussehen?", regt Tom Diesbrock an. "Was ist mir wirklich wichtig? Welche Kompetenzen will ich ausbauen? Was macht mir Spaß?" sind Fragen, die die Suche nach dem Ziel vereinfachen.

"Der Rest kommt von allein, wenn ich erst einmal eine Richtung habe", sagt Diesbrock. "Wenn ich mir zum Beispiel klar geworden bin, dass ich vom Vertrieb wegmöchte und ins strategische Marketing wechseln will, dann wäre die nächste Frage, welche Zertifikate und Erfahrungen ich dazu brauche." Damit lägen auch die logischen nächsten Schritte auf der Hand.

Doch wenn es so einfach ist, warum versteht sich dann noch nicht jeder als Selbstunternehmer? "Veränderungen machen Angst - und die kann einen lähmen", sagt Diesbrock. Vernünftige Überlegungen helfen dagegen: "Was kann denn schlimmstenfalls passieren?", fragt der Coach. Seine Erfahrung: "Die meisten Berufstätigen sagen dann: arbeitslos sein."

"Aber hinterfragen Sie auch das: Ist es wirklich die Arbeitslosigkeit, oder sehen Sie sich gleich in Hartz IV und die Verarmung abstürzen, wenn Sie etwas zu ändern versuchen?" Es sei wichtig, sich vor Augen zu führen, wovor genau man Angst hat und wie realistisch diese Angst ist: "Dann stellt man fest, dass das meiste gar nicht so bedrohlich oder wahrscheinlich ist wie gedacht."