Top im Job: Was es für Vorgesetzte heißt, gesund zu führen, erklärt Businesscoach Miriam Born

"Führungskräfte unterschätzen oft, welche Wirkung sie auf ihre Mitarbeiter haben", sagt Miriam Born, Business- und Gesundheitscoach. Denn Führungskräfte sind Vorbild und Stimmungsmacher. "Die Laune des Chefs färbt aufs Team ab", sagt Born. "Ein schlecht gelaunter Chef macht das Team krank."

Bester Beweis dafür, wie eng gute Führung und die Gesundheit der Mitarbeiter zusammenhängen: "Führungskräfte, die ihre Abteilung gewechselt haben, verzeichnen in ihrem Team nach kurzer Zeit wieder einen ähnlichen Krankenstand wie in ihrer vorherigen Position", sagt Born.

Ein guter Vorgesetzter, einer, der "gesund führt", wie die Trainerin es nennt, ist sich darum seiner eigenen Ansprüche und Grenzen bewusst. Wie gehe ich selbst mit Druck um? Kann ich mich gegen Druck von oben abgrenzen?, seien wichtige Fragen. "Auf mich selbst zu achten heißt aber auch, dass ich mich nicht krank zur Arbeit schleppe", sagt die Stressexpertin. "Andernfalls setze ich damit die Regel, dass in meinem Team krank gearbeitet wird."

Diesen Präsentismus hält sie ohnehin für ein Problem in Unternehmen: "Studien haben ergeben, dass Mitarbeiter, die krank zur Arbeit kommen, das Unternehmen doppelt so viel kosten, als wenn sie zu Hause bleiben würden", erklärt Born. "Ihre Leistungs- und Regenerationsfähigkeit sinkt, und sie riskieren damit, längerfristig auszufallen. Nur anwesende Mitarbeiter sind daher noch keine Garantie für eine erhöhte Produktivität des Unternehmens."

Auf sich selbst zu achten heißt für Chefs aber auch, sich bewusst zu sein, dass man unter Stress zum Tunnelblick neigt und zu wenig mit den Mitarbeitern kommuniziert. Darum sollte es für Führungskräfte selbstverständlich werden, ihre eigenen Fähigkeiten zur Stressbewältigung auszubauen, findet Born. "Denn als Vorgesetzter muss ich immer in der Lage sein, meinen Mitarbeitern den Rücken zu stärken. Auch gegen meine eigenen Vorgesetzten oder die Geschäftsleitung."

Zum Beispiel mit einem klaren Stoppzeichen: "Dieses Projekt können wir zusätzlich nicht auch noch übernehmen", sagt Born. "Wenn Führungskräfte keine Grenzen ziehen, wird es niemand tun. Und wer selbst im Stressmodus läuft, schafft das nicht."

Zur gesunden Führung gehöre es außerdem, auch Privatem gegenüber Interesse zu zeigen, sagt die Trainerin. "Jemand hat eine neue Frisur? Warum nicht auch das bemerken?" Außerdem sollten nicht nur mit Langzeiterkrankten Rückkehrgespräche geführt werden. "Egal ob jemand ein paar Tage krank oder auf einer Fortbildung war, die Führungskraft sollte im Anschluss in jedem Fall kurz mit dem Mitarbeiter sprechen."

Außerdem rät die Diplom-Pädagogin Führungskräften dazu, nicht nur auf die Fehler ihres Teams zu schauen. "Mehr loben als kritisieren", sagt sie. Das lasse Mitarbeiter die Anerkennung ihrer Arbeit spüren. Zwar gebe es auch Mitarbeiter, bei denen man nicht wisse, was man loben soll. "Jeden Mitarbeiter kann man aber wertschätzen und sich bei ihm fürs Engagement bedanken."

Ab und zu sollten sich Chefs aber auch Feedback holen. Born: "So erfahre ich, wie anerkannt sich die Mitarbeiter vom Unternehmen fühlen und wie zufrieden sie mit mir sind." Nicht zuletzt kann man dabei mit den Mitarbeitern auch über ihren Stresslevel sprechen. "Oft unterbleibt das, weil die Führungskraft Angst hat, eine Schleuse zu öffnen, die sie dann nicht mehr beherrschen kann." Unsinn: "Der Stress ist trotzdem da und wirkt auf meine Mitarbeiter, auch wenn ich ihn tabuisiere."