Oft schreiben sich Bachelorabsolventen gleich für den Master ein. Sie denken, für den Berufseinstieg reicht das erste Examen nicht- zu Unrecht.

Nach dem Bachelor noch einen Master? Oder gleich in den Beruf? Stehen Studenten vor dieser Entscheidung, hört man oft die gleiche Klage, sagt Karriereberater Nils Zerche. Nur mit einem Bachelor in den Job, das trauen sich viele Hochschüler nicht. Sie fühlen sich unzureichend auf den Berufseinstieg vorbereitet. "Das Studieren im Schnellverfahren lässt den Studenten wenig Raum, sich auch einmal abseits der festgelegten Studienstrukturen umzusehen", kritisiert der Coach. Um Zeit zu gewinnen und sich sicherer zu fühlen, schlössen viele deshalb den Master an.

Das belegt auch eine Befragung des Hochschul-Informations-Systems (HIS). Danach sagten zwei von drei Studenten, der Grund für ein Masterstudium sei, dass sie nur geringes Vertrauen in die Berufschancen mit dem Bachelorabschluss haben.

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Doch die Angst, mit dem Bachelor schlechter dazustehen als mit einem Masterstudium, ist in vielen Fällen unbegründet. Das legt zumindest eine Studie des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, des Hochschul-Informations-Systems und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln dar. Dafür wurden außer Studenten auch 1500 Unternehmen befragt. Für die meisten spielen die formalen Abschlüsse eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind ihnen die fachlichen und sozialen Kompetenzen der Studenten - die auch Bachelorabsolventen mitbringen: Vier von fünf der befragten Unternehmen sagen, dass Bachelorabsolventen sich gut in neue Fachgebiete einarbeiten können. Ebenso gut bewertet ein Großteil die Fähigkeit, Wissen auf neue Probleme anzuwenden sowie Wissenslücken zu erkennen und zu schließen.

Selbst wer in eine Führungsposition möchte, braucht den Master nicht zwingend. Nach der Umfrage können Bachelorabsolventen in 85 Prozent der Unternehmen jede Karriereposition erreichen. Zwei Drittel der Arbeitgeber zahlen Bachelors sogar das gleiche Gehalt wie Diplomabsolventen.

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Von den Hochschulabsolventen, die beispielsweise die Deutsche Telekom jährlich einstellt, haben 40 Prozent einen Bachelorabschluss, acht Prozent einen Masterabschluss und 40 Prozent ein Diplom. Ähnlich sieht es in anderen Großkonzernen aus. Auch im Mittelstand verfügten Bachelorabsolventen über gute Berufsaussichten, sagt Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW). Viele Klein- und Mittelbetriebe stellten gern Bewerber mit einem Bachelor ein.

Dass Bachelor so wohlgelitten sind, liegt auch daran, dass Unternehmen darauf achten, sie auf den richtigen Positionen einzusetzen. "Wenn es darum geht, im wissenschaftlichen Bereich eines Unternehmens zu arbeiten, etwa in der Forschung, dann suchen die Arbeitgeber natürlich Masterabsolventen", sagt Karrierecoach Katja Loose. "Sie wissen einfach mehr." In anderen Bereichen, wo es um den Kontakt zu Kunden oder Geschäftspartnern, kurz gesagt: um Persönlichkeit, geht, seien dagegen Bachelors mit Erfahrung durchaus gefragt. "Zum Beispiel solche aus wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen", sagt die Karriereexpertin, die auf die Beratung von Abiturienten und Hochschulabsolventen spezialisiert ist.

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"Mit Erfahrung" ist allerdings ein wichtiges Stichwort. Loose: "Wenn Unternehmen Bachelorabsolventen ablehnen, dann tun sie das meistens, weil ihnen die Bachelor zu jung und zu wenig erfahren sind." Während des knapp gestrickten Studiums sei es aber auch nahezu unmöglich, nebenbei Praxiserfahrung zu erwerben. "Ich rate darum zur Ausbildung vor dem Studium", sagt Katja Loose. Oder gleich zum dualen Studium: "Das wird von immer mehr Unternehmen angeboten - daran sieht man das Interesse der Arbeitgeber an berufserfahrenen Bachelorabsolventen."

Der Master ist also kein Muss für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Es gibt jedoch andere gute Gründe, ein Masterstudium zu absolvieren, findet Berater Nils Zerche. Inhaltliches Interesse und Spaß am Studieren zum Beispiel. "Wer über einen gewissen wissenschaftlichen Enthusiasmus verfügt und Lust verspürt, sich in ein Thema zu vertiefen, für den ist ein Master das Richtige", sagt er.

Um die passende Entscheidung zu treffen, rät Karriereberaterin Katja Loose dazu, sich möglichst früh Gedanken darüber zu machen, wo man beruflich einmal landen möchte. "Was ist meine Zielposition?", sei die entscheidende Frage, sagt sie. "Möchte ich als Produktionsingenieur eher wissenschaftlich arbeiten? Oder will ich viel Kontakt zu Menschen haben und Projektentwickler werden?" Fürs Erste ist der Master der bessere Abschluss, fürs Zweite reicht der Bachelor aus.