Ein Kommentar von Jon Christoph Berndt

Wer mit etwas aufhört, sollte das wollen und nicht müssen. Der Unterschied ist so fein wie ausschlaggebend bei der Bewertung des Schritts - durch den Aufhörer selbst wie durch die Umstehenden. Wenige Menschen spüren es, wenn die Zeit auf dem Zenit zu Ende geht, und noch weniger ziehen den besten Schluss daraus: Ich gehe, wenn es am schönsten ist, bevor ich gegangen werde. Dass es so schwer ist, sich das Leben auch in solchen Phasen leicht zu machen, lehren viele Beispiele aus allen Bereichen. Oftmals wird ein ehemals Verehrter mitsamt dem Stuhl hinausgetragen.

Der amerikanische Schwimm-Superstar Michael Phelps macht das - nach nun 22 olympischen Medaillen - besser: Mehr Zenit geht nicht, und er geht; hinaus aus seiner aktiven Karriere, hinein in sein neues (Berufs-)Leben. "Heute ist der verrückteste Abend, davon habe ich geträumt", sagte Phelps sogar nach seinem letzten olympischen Einzel-Rennen zu diesem Abtritt. "Wenn ich auf meine Karriere zurückblicke, habe ich erreicht, was ich wollte." Punkt.

So klar kann das einer sehen, der in einem Alter alles erreicht hat, in dem andere anfangen. Die deutschen Schwimmer Britta Steffen und Paul Biedermann müssen dagegen allmählich aufpassen, dass von ihnen eines Tages nicht die Ferner-liefen-Plätze in Erinnerung bleiben statt der einst so großen Erfolge.

Richtig aufhören ist noch schwerer als richtig anfangen, im Sport genauso wie in der Wirtschaft: Wer im Büro erst einmal vom Nektar des Ruhms und der scheinbaren Unbesiegbarkeit genascht hat, der klammert, tritt und beißt dann schnell, wenn es langsam abwärts geht. Dabei gibt es garantiert auch um ihn herum so seltene wie sichtbare Beispiele dafür, dass es anders besser geht. Diese stammen meist von solchen Menschen, die neben der beruflichen Karriere noch ganz andere Ziele haben; zum Beispiel Herzenskarriere machen. Denen fällt der Abschied leicht, weil er im Grunde keiner ist, sondern sie bloß ein neues spannendes Kapitel im Buch des Lebens aufschlagen.

Jon Christoph Berndt ist Markenexperte, Management-Trainer und Keynote-Speaker. Im Internet unter www.human-branding.de