Top im Job: Wer im Ausland Geschäftspartner trifft, sollte deren Kultur kennen - und seine eigene

Eine deutsche Geschäftsfrau trifft in Shanghai auf einen chinesischen Geschäftsmann. Sie will ihn einladen: "Darf ich Ihnen etwas zu trinken bestellen?" Der Chinese lehnt dankend ab. Die Deutsche lässt es darauf beruhen und geht zum Geschäftlichen über.

"Die Verhandlung sei gut gelaufen, hat sie mir anschließend erzählt", erinnert sich Führungskräfte-Coach Roshanah Märker-Goudarzi. Leider sei die Managerin erst nach dem gescheiterten Geschäft in ihre Beratung gekommen.

"Denn sie hat sein 'Nein, danke' falsch interpretiert und bei der Frage nach dem Getränk nicht mehrfach nachgehakt", sagt die Businessexpertin aus Hamburg. Missverständnisse dieser Art passierten häufig im asiatischen und arabischen Raum. "Darf es vielleicht ein Tee sein? Oder doch lieber etwas Erfrischendes?" Der Chinese hätte irgendwann zugesagt - nur eben nicht beim ersten Mal. Das hätte er als unhöflich empfunden. Jetzt fand er die deutsche Geschäftsfrau unhöflich.

Oft scheitern Verhandlungen mit ausländischen Geschäftspartnern an solch misslungenen persönlichen Kontakten. Je fremder die Kultur, desto zahlreicher die Stolpersteine. Märker-Goudarzi berichtet von einer anderen Verhandlung in Dubai: "Man war sich weitgehend einig, es ging schon um den Preis. Doch die Geschäftspartner des deutschen Managers schwiegen immer erst einmal, wenn er einen Betrag nannte. Das wertete er als Ablehnung und ging mehrfach weiter mit seinem Preis herunter." Das Ergebnis: Es kam zum Abschluss, allerdings hatte der Deutsche weit billiger verkauft, als er es hätte tun müssen. "Denn die Stille ist ein in dieser Kultur übliches Innehalten, das keineswegs Ablehnung zeigt", sagt Roshanah Märker-Goudarzi.

"Die Vorbereitung mit einem Coach hätte diese Fehlinterpretation wahrscheinlich verhindert." Wer sich keinen Experten zur Vorbereitung des Auslandsprojekts leisten kann oder will, sollte sich wenigstens mit Literatur und Online-Recherchen auf das Land vorbereiten, rät sie.

Doch es geht nicht nur um die anderen: "Man muss auch sein persönliches Orientierungssystem, seine eigenen Werte und Normvorstellungen gut kennen", sagt die Trainerin. Dazu gehöre zum Beispiel, verstanden zu haben, dass der Westen eine individualistische Kultur ist. "Wenn ich es dann mit einer kollektivistischen Kultur zu tun habe, zum Beispiel in Asien oder im arabischen Raum, werde ich mich nur begrenzt unterordnen können", erklärt sie. "Und daraus können dann leicht Missverständnisse und Schwierigkeiten entstehen."

Von Unternehmen, die Mitarbeiter ins Ausland schicken, würden interkulturelle Trainings noch nicht häufig eingesetzt, hat Business-Coach Märker-Goudarzi festgestellt. Zumindest nicht hierzulande: "In den USA ist das besser. In Europa sind die Mitarbeiter eher auf sich selbst gestellt, was die gute Vorbereitung angeht."

Voraussetzung für Arbeitserfolge im Ausland ist natürlich erst einmal Toleranz und Respekt dem gegenüber, was anders ist. "Ich muss die andere Kultur würdigen und überzeugt sein, dass das eine nicht besser ist als das andere." Open-minded sein, nennt das die Kulturexpertin.

Doch allein ausreichend sei es auch nicht: "Alle Toleranz hilft mir nicht weiter, wenn ich persönlich einfach nicht deuten kann, warum sich mein Gesprächspartner jetzt so verhält. Ich muss vorher schon wissen, dass man in Thailand kein Nein kennt, oder dass es in Italien absolut üblich ist, auch in wichtigen Verhandlungen zwischendurch ans Handy zu gehen."