Was macht gute Personalführung aus und wie motiviert man seine Mitarbeiter ausreichend? Ein Interview mit Kapitän Volker Baumgart.

Auf sein Kommando hört eine 600-köpfige Besatzung: Volker Baumgart ist Kapitän des Kreuzfahrtschiffs "Aidasol".

Hamburger Abendblatt: Was zeichnet aus Ihrer Sicht eine gute Führungspersönlichkeit aus?

Volker Baumgart: Eine gute Führungspersönlichkeit kann ein Team begeistern, ihre Erwartungen klar formulieren, Entscheidungen herbeiführen und ist so in der Lage, alle gesetzten Ziele zu erreichen. Wenn man Ziele nur Kraft seines Amtes durchsetzt, gelangt man schnell an einen Punkt, an dem man die Mitarbeiter nicht zwingen kann, etwas zu tun, jedoch Hilfe benötigt. Wenn einem die Mitarbeiter dann folgen, weiß man, dass man als Führungskraft akzeptiert und respektiert ist.

Und außerdem?

Baumgart: Eine gute Führungskraft hat die Fähigkeit zuzuhören. Bei einer Entscheidungsfindung auf verschiedene Meinungen zugreifen zu können, kann sehr hilfreich sein. Selbst wenn es zehn verschiedene Meinungen sind, so kann man sich zumindest sicher sein, bei der eigenen Entscheidungsfindung nahezu alle Eventualitäten berücksichtigt zu haben. Wenn man als Führungskraft verstanden hat, dass man nur so gut ist wie das gesamte Team zusammen, dann hat man schon viel verstanden. Denn dann weiß man, wo man einhaken muss, um zu korrigieren. Ebenso wichtig ist es, die Top-Mitarbeiter zu fördern und ihnen eine interessante Zukunftsperspektive zu bieten.

Was mussten Sie als Führungsperson erst noch lernen?

Baumgart: In meiner täglichen Arbeit lerne ich immer wieder dazu. Jeder Mensch ist anders und will durchaus auch anders geführt werden, hat andere Erwartungen an mich als Führungsperson. Das Schwierigste ist für mich wohl die hohe Schule der Diplomatie. Eine Nacht lang nachdenken und abwägen, statt loszupoltern ist manchmal schwierig, aber notwendig. Ich denke immer noch an die Worte meines ersten Kapitäns in der Frachtschifffahrt. Der sagte damals zu mir, als ich wütend war: "Baumgart, wenn du wütend bist, dann steck die Fäuste in die Hosentasche, dreh ein paar Runden um die Aufbauten und kühl dich ab." Heute muss ich sagen, er hatte recht. Man muss als Führungskraft oftmals bereichsübergreifend denken. Die Zusammenarbeit an Bord zwischen Deck, Maschine und Hotel/Entertainment muss funktionieren. Ebenso die Zusammenarbeit mit der Landseite. Dies alles unter einen Hut zu bekommen, ist oft nicht einfach.

Wie würden Sie Ihren eigenen Führungsstil beschreiben?

Baumgart: Die Mitarbeiterführung ist die größte Herausforderung. Ein Kapitän alleine kann kein Schiff fahren. Es ist zwar immer noch eine sehr starre Hierarchie in der Seefahrt, die klar definiert ist, aber der reine Kommando-Ton funktioniert nicht mehr. Es macht einen deutlichen Unterschied, ob ich eine motivierte Besatzung habe oder nicht - ganz speziell auf einem Kreuzfahrtschiff. Wenn ein Chef nur kommandiert, folgen zwar die Mitarbeiter, sie kündigen aber innerlich.

Wie motivieren Sie Mitarbeiter?

Baumgart: Ich denke, man merkt mir an, dass ich selbst mit Begeisterung bei der Sache bin. Das überträgt sich auf meine Mitarbeiter. Ich gebe mich, wie ich bin, und mache klar, was man von mir erwarten kann. Genauso sage ich auch, was ich erwarte. Dabei habe ich kein Problem damit, wenn Mitarbeiter eine Sache anders angehen als ich - solange das Ergebnis stimmt. Es ist immer ein Geben und Nehmen. Wenn ich zu einem Mitarbeiter sage: "Das hast du gut gemacht", dann ist das eigentlich ganz simpel, aber doch wirkungsvoll. Wir kritisieren schließlich oft genug.

Bekommen Sie von Ihren Mitarbeitern Feedback?

Baumgart: Bisher habe ich noch nichts Negatives gehört. Aber einen Kapitän kritisiert man auch nicht so schnell. Deshalb ist es für mich persönlich auch ganz wichtig, meinen Führungsstil selbst kritisch zu hinterfragen. Manchmal hilft es, den engsten Mitarbeitern die Angst vor dem Kritisieren zu nehmen. Einfach mal zu den vertrauten Kollegen sagen: "Du, wenn du merkst, dass ich über das Ziel hinausgeschossen bin, dann sag es mir bitte."

Welche Fragen stellen Sie bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern?

Baumgart: Als Kapitän trage ich die Verantwortung für rund 600 Besatzungsmitglieder. Die Crew heuert aber nicht bei mir an, sondern bei der Unternehmenszentrale. Meine Aufgabe ist es eher, Potenziale zu erkennen und junge Kollegen zu fördern. Wenn ich einen Mitarbeiter habe, dem ich mehr zutraue, bekommt er die Förderung, die er braucht, um noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Genauso, wie es bei mir war.