Unternehmensberater Cay-Bernhard Frank von A.T. Kearney über den Berufseinstieg und Verdienstaussichten in der Consulting-Branche.

Einen Top-Abschluss an der Uni, perfektes Englisch, Selbstbewusstsein - das brauchen Einsteiger in der Unternehmensberatung. Die Studienrichtung ist dagegen egal.

Hamburger Abendblatt:

Von der Unternehmensberatung fühlen sich viele Hochschulabsolventen angezogen. Welche Unterschiede gibt es zwischen Bewerbern von heute und von vor zehn Jahren?

Cay-Bernhard Frank:

Studenten streben heute ein ausgeglichenes Verhältnis von Beruf, Freizeit und Familie an. Da die Unternehmensberatung aber in puncto Leistung und Zeit sehr fordernd ist, inklusive vieler Dienstreisen, haben Beratungen bei Absolventen ein wenig an Attraktivität verloren. Sie werden nicht mehr mit Bewerbungen überschwemmt. Außerdem wissen Bewerber heute auch viel mehr über die potenziellen Arbeitgeber und ihre eigenen Möglichkeiten. Sie wählen viel bewusster aus, bei wem sie sich bewerben.

Kann man denn Work-Life-Balance in Ihrem Beruf überhaupt verwirklichen?

Frank:

Ja. Auch unsere Branche bietet heute flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle und Job-Sharing an. Bei A.T. Kearney unterstützen wir auch längere "Leaves", eine Art Freistellung von bis zu einem Jahr. So etwas war vor fünf, sechs Jahren noch nicht möglich.

Sind es immer noch vorrangig Wirtschaftswissenschaftler, die in die Unternehmensberatung gehen?

Frank:

Nein. Heute sind es noch etwa 50 Prozent Wirtschaftswissenschaftler. Unsere Kunden erwarten mehr Diversity, mehr Vielfalt und damit vor allem auch Kreativität in der Beratung. Wir stellen zum Beispiel auch Juristen, Mediziner, Pharmazeuten, Mathematiker, Ingenieure oder Kulturwissenschaftler ein. Sogar einen Pianisten haben wir jetzt dabei.

Was bringt denn ein Pianist mit, was Sie in der Beratung gut brauchen können?

Frank:

Er hat sein Abitur mit 16 gemacht, sein Musikstudium mit 21 beendet, einen MBA an der Technischen Hochschule Zürich absolviert. Intellektuell ist das ein Top-Performer. Aber er bringt auch eine andere Sicht mit, entwickelt andere Lösungen und agiert in der Kommunikation anders. Wir würden gern mehr solche Leute einstellen.

Gibt es da keine Schwierigkeiten mit der Akzeptanz, wenn ein Geisteswissenschaftler auf einen Controller im Kundenunternehmen trifft?

Frank:

Wir bereiten diese Kollegen mit speziellen Trainings auf die Arbeit beim Kunden vor. Später werden die Teams dann so zusammengestellt, dass sie den Anforderungen an die Kompetenzen möglichst optimal entsprechen. Ein Projekt, in dem viel betriebswirtschaftliches Know-how benötigt wird, kommt für einen solchen Kollegen natürlich weniger infrage als ein reines Strategiethema, in dem vor allem Kreativität gefragt ist. Meist spielt aber nach einem Jahr im Einsatz der Studienhintergrund keine Rolle mehr.

Welche Qualifikationen braucht man denn außer Intellektualität und Analysefähigkeit für die Beratung?

Frank:

Formale Kriterien sind ein Top-Abschluss an einer Universität, Praktika in den angestrebten Arbeitsbereichen, Auslandserfahrung, verhandlungssicheres Englisch. Außerdem ist Kommunikation wichtig. Es geht um selbstbewusstes Auftreten, die Fähigkeit, zuhören zu können, und vor allem Empathie. Wird der Bewerber beim Kunden ankommen? Kann er im Gespräch eine gute Stimmung entstehen lassen? Können wir selbst es uns vorstellen, mit ihm zu arbeiten? In der Beratung brauchen wir Leute, die aktiv sind und sich mitteilen wollen.

Wie sehen die Karriereschritte aus?

Frank:

Nach zwei bis drei Jahren wird man vom Senior Business Analyst zum Associate befördert. Nach weiteren zwei bis drei Jahren wird man Manager, dann nach zwei bis vier Jahren Principal. Drei bis fünf Jahre später besteht die Möglichkeit, Partner zu werden.

Aber es kann nicht jeder Partner werden.

Frank:

Wenn man vier bis fünf Jahre dabei ist, ist das auch ein gutes Sprungbrett, um in attraktive Jobs in der Industrie zu wechseln. Die Möglichkeit nutzen sehr viele. Grundsätzlich bilden wir alle Einsteiger für eine erfolgreiche Karriere aus - bei uns oder in einem anderen Unternehmen. Schafft man irgendwann den Schritt zum Partner, ändert sich die Ausrichtung des Berufs: Dann stehen Kundenkontakte und die Fähigkeit, Geschäft zu generieren, im Vordergrund. Aber der Sprung zum Partner ist zugegebenermaßen schon eine schwierige Hürde.