Ein Kommentar von Mark Hübner-Weinhold

Es gibt sie noch, die kleinen Oasen im Alltag. Kleine Geschäfte und Cafés, in denen ich das Gefühl habe, bedient zu werden und nicht schnell bedient zu sein. Nicht die standardisierten Anspracherituale auf Telefonhotlines oder in den einschlägigen Fast-Food-Restaurants. Reinkommen und sich wohlfühlen. Weil das Lächeln echt ist. Weil die Servicekraft oder Verkäuferin sich mir wirklich zuwendet. Weil die Person mir das Gefühl vermittelt, dass ich in diesem Moment der Mittelpunkt bin. Und weil ich so spüre, dass dieser Mensch seinen Job mit Leidenschaft macht und keine antrainierte Serviceroutine abspult.

Es sind diese Kleinigkeiten, die den Unterschied machen. In einer Welt, die zunehmend auf Effizienz und Kostenoptimierung getrimmt ist, kommen die kleinen freundlichen Gesten oft zu kurz. Service ist durchgetaktet, geplant, in Zeiteinheiten und Zahlenkolonnen etatisiert.

Nirgends wird das deutlicher als in vielen Krankenhäusern. Speziell Kassenpatienten fühlen sich oft abgefertigt. In einer großen Studie haben Press Ganey Associates in den USA 139 380 ehemalige Patienten von 225 Krankenhäusern befragt, woran sie ihre Zufriedenheit festmachen. Das Ergebnis: Keine der Angaben in den Top 15 hatte mit dem Genesungserfolg zu tun. Vielmehr hatten alle 15 mit der Qualität der Beziehungen der Patienten zum Klinikpersonal und mit der Zufriedenheit des Personals selbst zu tun.

Damit ist klar: Freundlichkeit macht den Unterschied. Und Freundlichkeit kostet nichts. Menschen beurteilen offenbar weniger das Ergebnis als das Erlebnis. Der Prozess ist entscheidend - und diesen Prozess prägen die Mitarbeiter. Die einfachste Maßnahme auf dem Weg zu mehr Qualität lautet also: Freundlichkeit.

Der große Platon hat den Satz geprägt: "Sei freundlich, denn jeder, den du triffst, kämpft einen großen Kampf." Wir neigen im hektischen Alltag dazu, nur unsere Probleme zu sehen - und den Blickwinkel der anderen auszublenden. Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, gepaart mit Freundlichkeit, ist der Schlüssel, andere Menschen zu gewinnen, Kunden, Mitarbeiter und jeden, dem wir begegnen.