Die Leserfrage: In unserer Firma geht das Gerücht um, dass in diesem Jahr das Weihnachtsgeld gestrichen werden soll. Bislang wurde es allen 80 Mitarbeitern regelmäßig gezahlt - wenn auch von Jahr zu Jahr in unterschiedlichen Höhen. Aber trotzdem gilt doch das Gewohnheitsrecht oder?

Das sagt Rechtsanwalt Christian Wieneke-Spohler: Auch wenn Sie Ihren Anspruch auf Weihnachtsgeld nicht im Arbeitsvertrag verbrieft haben, kann der Arbeitgeber zur jährlichen Zahlung verpflichtet sein. Zahlt der Arbeitgeber mindestens dreimal Weihnachtsgeld ohne einen Hinweis darauf, dass er dies freiwillig und ohne Rechtsanspruch des Mitarbeiters für die Zukunft macht, entsteht hierdurch eine betriebliche Übung zugunsten der Mitarbeiter.

Auch wenn die Höhe der Zahlung unterschiedlich ausfiel, ändert sich hieran nichts, wenn zumindest die Berechnungsgrundlage gleich blieb. Von der Zahlungspflicht kommt der Arbeitgeber auch nicht dadurch los, dass er in späteren Jahren der Abrechnung des Weihnachtsgeldes einen Freiwilligkeitsvorbehalt beifügt, wenn der Arbeitnehmer sich hiermit nicht ausdrücklich einverstanden erklärt.

Eine gegenläufige betriebliche Übung wird nicht von der Rechtsprechung anerkannt (LAG Mainz, Urteil vom 07.04.2011, 5 Sa 604/10). Nur wenn bereits im Arbeitsvertrag geregelt ist, dass eine Sonderzahlung freiwillig und ohne Rechtsanspruch für die Zukunft erfolgt, kann keine betriebliche Übung entstehen (LAG Mainz, Urteil vom 10.06.2011, 6 Sa 46/11). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber irrtümlich eine Zahlungsverpflichtung erfüllt hat, zum Beispiel weil der Tarifvertrag, aus dem sich das Weihnachtsgeld ergibt, für ihn gar nicht gilt. Der Arbeitgeber kann dann nach Erkennen des Irrtums die Zahlung einstellen (LAG Frankfurt, Urteil vom 09.05.2011, 7 Sa 1698/10).

Unser Autor Christian Wieneke-Spohler ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Im Internet unter www.martens-vogler.de