Acht Prozent der Studierenden haben ein Kind. Die Doppelbelastung erfordert eine gute Organisation

Pitsch, Platsch! Feodora springt von einer Pfütze in die nächste. Auf dem Weg vom S-Bahnhof Dammtor zur Kita quietscht und quasselt die Dreijährige und tobt um ihre Mutter Jacky Wendt herum. An der großen Straße warnt Jacky sie vor den vorbeidonnernden Autos. Typisch Mama. Eine Viertelstunde später überquert Jacky allein die Rothenbaumchaussee und betritt den Uni-Campus. Sie besucht an diesem Tag Seminare zu Wirtschaft, Recht und Soziologie, liest in der Bibliothek, trifft sich mit Kommilitonen in der Mensa. Typisch Studentin. Die Kombination aus Kind und Studium beschert der 28-Jährigen einen vollen Terminkalender. Die junge Mutter sieht das locker, dank optimaler Bedingungen: "Ich habe einen Kita-Platz von 7.15 bis 18 Uhr an fünf Tagen in der Woche und einen Ex-Mann, der die Kleine fast jedes Wochenende betreut." Außerdem stehen "Notfall-Freunde" bereit, die sich freuen, auf Feodora aufzupassen.

Für Informatikstudentin Martha Gorbatchova klingt das traumhaft. Sie wartet auf einen Krippenplatz für ihren 14 Monate alten Sohn Mark-Raphael. Mit reduzierter Stundenzahl, als Teilzeitstudentin versucht sie, Windelnwechseln, Lernen, Stillen, Vorlesungen und Seminare unter einen Hut zu bekommen.

"Das ist manchmal verdammt schwierig", gesteht die 36-Jährige, die im vierten Semester schwanger wurde. Sie kann weder auf die Hilfe eines Partners noch auf die ihrer Eltern zurückgreifen. Dass sie es trotzdem geschafft hat, gleich nach der Geburt in Teilzeit weiterzustudieren, verdankt sie der Kurzzeitbetreuung am Institut für Informatik auf dem Campus Stellingen. Das Familienzimmer - liebevoll und passend zum Fach "Zwischenspeicher" genannt - bietet während der Vorlesungs- und Seminarzeit Betreuungsblöcke bis zu zehn Wochenstunden.

Bevor es dieses flexible Angebot vom Studierendenwerk und einer Elterninitiative gab und als der Babysitter einmal absagte, hat Martha ihr Baby spontan mit zu einer Übung genommen. "Der Dozent war sehr verständnisvoll und hat den Kleinen sogar gehalten, als ich etwas an der Tafel gezeigt habe", erzählt sie schmunzelnd.

Mit ihren Geschichten von Glück und Stress, Studium und Kind zu verbinden, sind Jacky und Martha nicht allein. Acht Prozent aller Studierenden in Hamburg hatten 2009 ein oder mehrere Kinder, so die aktuellste Sonderauswertung der Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks. Studentenpartys unter der Woche oder ausschlafen, wenn die Vorlesung erst später anfängt, gehören damit der Vergangenheit an.

Für die neuen Fragen im Leben von Studierenden, die Nachwuchs erwarten, ist Nina Wurzbach die richtige Ansprechpartnerin. Als UniEltern-Beraterin, der Elterninitiative von Studierenden mit Kind, bietet sie direkt im Astabüro auf dem Campus Sprechstunden an. Die 31-jährige Psychologiestudentin ist selbst Mutter und weiß:"Neben der Studienorganisation ist die Betreuung des Kindes das A und O."

Vom Studierendenwerk Hamburg gibt es in der Nähe der Universität Hamburg drei Kindertagesstätten. Hier stehen 180 Plätze zur Verfügung, die vorrangig an Kinder von Studenten gehen und heiß begehrt sind. Nina hat für ihren Sohn das flexible Betreuungsangebot für unter Dreijährige des Vereins UniEltern genutzt. "Hier ist kein KiTa-Gutschein nötig, man kann auch weniger Stunden als üblich in Anspruch nehmen und die Betreuung steht Studenten im Urlaubssemester zur Verfügung", schwärmt sie. Die Universität Hamburg unterstützt den Verein UniEltern und arbeitet daran, dass die Vereinbarkeit von Studium und Familie ein selbstverständlicher Teil der Hochschulkultur wird. Im Rahmen des "audit familiengerechte Hochschule" hat sie 2010 die Empfehlung zur Vereinbarkeit von Studium und Kindererziehung erneut erweitert. Eine flexible Handhabung von Anwesenheitspflichten und Seminarzeiten innerhalb der Betreuungszeiten finden sich hier beispielsweise als zwei Stellschrauben, die Kombination vom Studium und Kindererziehung erleichtern können.

Auf dieser Liste familienfreundlicher Maßnahmen steht auch e-learning. Damit können Studierende je nach individuellen Zeitfenstern ihren Lernstoff am Computer ansehen und -hören. Einige Fachbereiche zeichnen ihre Vorlesungen bereits auf und stellen sie auf der zentralen Medienplattform Lecture2go zur Verfügung. "Das ist natürlich Weltklasse für Eltern, aber leider die Ausnahme", erklärt Nina.

Die Finanzierung während des Studiums ist ein weiteres großes Thema in der Beratung bei den UniEltern. Ein Thema, das komplex und in jedem Einzelfall anders ist. Für den zweifachen Vater Alexander Reichert stand das Studium ganz auf der Kippe.

Er und seine Frau studieren beide auf Lehramt. "Als klar war, dass meine Frau schwanger ist, hat das erst einmal für schlaflose Nächte und Existenzangst gesorgt", offenbart Alexander. Erst die Zusage für ein Stipendium sorgte für Entspannung. Neben BAföG, Arbeitslosengeld oder Studienkredit hilft studentischen Eltern häufig ein Nebenjob. Dieser dreifachen Belastung sind bundesweit 62 Prozent von ihnen ausgesetzt. Dabei ist Organisationstalent gefragt.

Das beweist auch Jacky jeden Tag aufs Neue. Neben Studium und Kindererziehung engagiert sie sich im Tierschutz und in der Studierendenorganisation Regenbogen. Als Studentin nimmt sie an vielen Demonstrationen teil. Beim letzten Mal ging sie gegen Studiengebühren auf die Straße. Und weil sie als Mutter weiß, dass ihre Tochter am liebsten mit den Füßen stampft, war Feodora auch dabei.