Die Leserfrage: Wie weit darf sich mein Chef eigentlich in die Kleiderwahl der Mitarbeiter einmischen? Ich habe nur selten Kundenkontakt, soll aber immer im kompletten Anzug erscheinen.

Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt darauf an, in welcher Branche Sie tätig sind und ob Sie Kundenkontakt haben. Da dies nach Ihrer Schilderung bei Ihnen nur selten der Fall ist, kann Ihr Arbeitgeber von Ihnen das Tragen eines Anzuges nur an den Tagen fordern, an denen Sie tatsächlich mit Kunden zusammentreffen. Generell sind Sie aber immer verpflichtet, Ihr Äußeres den Gegebenheiten des Arbeitsverhältnisses anzupassen.

Arbeitet ein Arbeitnehmer jedoch im Verkauf von Waren gehobenen Standards, ist sein Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechtes berechtigt, ihm zu untersagen, in Gegenwart von Kunden in Jeans, Turnschuhen, mit offenem Kragen, ohne Krawatte und ohne Sakko aufzutreten (Landesarbeitsgericht Hamm, 13 TaBV 36/91). Diese Grundsätze dürften auch für Banken und andere Bereiche gelten, in denen höherwertige Dienstleistungen angeboten werden.

Zur Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes seiner Mitarbeiter kann ein Arbeitgeber eine einheitliche Arbeitskleidung einführen. Allerdings muss er dann seinen Betriebsrat beteiligen. Nach Meinung des Landesarbeitsgerichts Köln (AZ: 3 TaBV 15/10) darf ein Arbeitgeber beispielsweise das Tragen von Unterwäsche, Feinstrumpfhosen oder Socken vorschreiben. Ebenfalls kann er verlangen, dass "die Haare der Mitarbeiter grundsätzlich sauber, niemals ungewaschen oder fettig zu tragen sind und bei Männern vor Dienstbeginn eine Komplettrasur erfolgt ist oder ein gepflegter Bart getragen wird". Abgelehnt hat das Gericht aber die Forderung des Arbeitgebers, "die Fingernägel einfarbig zu tragen".

Unsere Autorin Silke Grage ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in Hamburg. www.ra-grage.de