Firmen verzichten darauf, zur Belohnung Statussymbole zu verteilen. Beschäftigten sind Familienfreundlichkeit und Freiräume wichtiger.

Audi A4 oder A6? 3er oder 5er BMW? "Was Beschäftigte als Statussymbol ansehen, hat sich über die Jahrzehnte zwar verändert - aber nur in Teilen", sagt Roger Henrichs, Geschäftsführer der 2coach Personal- und Unternehmensberatung. "Heute ist das Auto immer noch der Klassiker, um zu zeigen, dass jemand einen anderen Status erreicht hat." Der größere Firmenwagen, den ein leitender Angestellter nach gutem Jahresergebnis fahren darf, gilt als Zeichen nach innen - "Strengt euch an!" - und nach außen - "Unserer Firma geht es gut, wir können uns das leisten".

"Statussymbole sollen immer anzeigen, dass der Träger, relativ zum Publikum, zu einer Elite gehört", erklärt Professor Werner Sarges, Psychologe und Wirtschaftswissenschaftler an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Und das sei in der Regel durchaus funktional und werde ohne Probleme von den anderen akzeptiert. "Zeigt es doch ohne Umschweife an, welche Bedeutung, Befugnisse, Einflussmöglichkeiten der Symbol-Träger hat."

Unternehmenskulturen, die darauf basieren, Einzelne mit deutlichen Privilegien auszustatten, werden jedoch mehr und mehr infrage gestellt. "Das sorgt für eine Mehrklassengesellschaft und schürt Neid", sagt Thorsten Rachow, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Vestey Foods in Hamburg. "Von diesem Prinzip halte ich gar nichts." Dabei gibt es auch bei Vestey Firmenwagen. "Allerdings für jeden", sagt Rachow. "Nach drei bis fünf Jahren hat man einen Anspruch darauf." Er glaubt, dass es weniger der materielle Wert an sich ist als die Wertschätzung, die Mitarbeiter für die Firma einnimmt: "Mein Unternehmen gibt mir ein Fahrzeug, auch wenn ich nur - in Anführungsstrichen! - im Lager arbeite."

Es sind heute weichere Faktoren, die von Mitarbeitern als Statussymbole angesehen werden, glaubt Managementberater Henrichs. Werte wie Familienfreundlichkeit nennt er da, die Teilnahme an bestimmten Events, die vom Unternehmen oder von guten Kunden veranstaltet werden, Freiräume, die eine Firma dem Mitarbeiter bietet. Dinge, aufgrund derer man stolz auf sein Unternehmen sein kann. "Gerade junge Leute lassen sich eher von diesen Benefits beeindrucken." Mitarbeiterbindung durch Geld und geldwerte Dinge wie das große Auto verliere immer mehr an Bedeutung. Henrichs: "Gerade bei den Unter-30-Jährigen, der sogenannten Generation Y, sind solche Symbole kein großes Thema mehr."

Das Bankhaus Donner & Reuschel hat Statussymbole richtiggehend abgeschafft. "Bis vor zehn, zwölf Jahren gab es hier noch das Direktorenessen, abgeschottet von den Mitarbeitern, und die reservierten Parkplätze für die Geschäftsleitung", erinnert sich Personalleiter Marcus Carolus an seine Anfangszeit in der Privatbank.

Aber heute weht dort ein anderer Wind: "Wir glauben daran, dass wir viel eher mit Eigenverantwortung und Freiräumen das Feuer bei unseren Mitarbeitern entfachen können." Mit Statussymbolen dagegen habe er ein Problem. "Zwar binden sie einerseits diesen bestimmten Mitarbeiter, schaffen aber gleichzeitig eine Neidkultur unter den anderen Angestellten." Heute hat Donner & Reuschel einen Wagenpool für die Bankberater, der Rest fährt wenn nötig Taxi. "Nur der Vorstand besitzt noch einen eigenen Firmenwagen." Keiner solle das Gefühl haben, er sei dem Unternehmen lieber als ein anderer, betont Carolus.

Dass Statussymbole oder die Belohnung, die sie darstellen, Mitarbeiter zu mehr Leistung anstacheln, zweifelt Berater Roger Henrichs ohnehin an. "Solche Maßnahmen verpuffen schnell", sagt er. "Statussymbole lassen wie Gehaltserhöhungen keine intrinsische Motivation entstehen." Intrinsisch meint im Gegensatz zu extrinsisch einen Antrieb, der aus dem Einzelnen selbst kommt - zum Beispiel durch Freude, Befriedigung oder Sinn, die bei einer Tätigkeit erlebt werden.

Allerdings - so gesteht Henrichs zu - gibt es auch Branchen, in denen Arbeitgeber kaum umhin kommen, mit Statussymbolen wie großen Firmenwagen und hervorragender technischer Ausrüstung der Angestellten zu arbeiten. "Zum Beispiel im Vertriebsaußendienst ist das so", erklärt er. "Da muss man auch heute noch zeigen, dass man sowohl mit den Kunden als auch mit den Kollegen auf gleicher Ebene steht."

Dass Unternehmen wie Vestey mit seiner flachen Hierarchie und dem Wunsch nach "einzigartigen Typen" unter den Mitarbeitern einen Trend setzen, davon ist Geschäftsführer Rachow überzeugt. "Auch große Unternehmen werden sich dafür interessieren, unseren Weg zu gehen", sagt er. Das zeigten ihm zum Beispiel das Interesse und der Zuspruch von Konzernvertretern, wenn er auf Veranstaltungen die Kultur seines Unternehmens erklärt.

Nicht zuletzt geben ihm auch Umfragen unter Nachwuchskräften recht. Die Generation Y sucht andere Werte als ihre Vorgänger. Jüngst hat der "Heidelberger Trendmonitor 2011", eine Umfrage in Auftrag gegeben von der Heidelberger Lebensversicherung, das wieder bestätigt: Auch wenn der Verdienst weiterhin wichtig sei, legen junge Menschen bei der Arbeit heute viel Wert auf Wissenserwerb, persönliche Sinnstiftung und eine gute Arbeitsatmosphäre, heißt es dort.