Alle Menschen haben sie. Wichtig ist, dass jeder seine eigenen erkennt lernt mit ihnen umzugehen. Ein Kommentar von Jon Christoph Berndt

Wer im Berufsleben noch mal so richtig durchstarten will, lehnt sich am besten zurück und wartet, bis die Top-Executive-Searcher anrufen. Die tun das auch, aber nicht bei jedem. Es braucht Sogwirkung, mehr Pull ("An dem kommen wir gar nicht vorbei") als Push ("An mir kommt ihr gar nicht vorbei"). Das kann man lernen, trainieren. Auch braucht es ein dickes Fell, durchaus was von einer Rossnatur. Die gibt es - mehr oder weniger - qua Geburt und für jeden immer noch ein bisschen mehr mit zunehmender Lebens- und Leidenserfahrung.

Hartmut Mehdorn steigt beim Sanierungsfall Air Berlin noch mal in die Polter-Bütt. Der neue Hunold. Wieder eine Rampensau da oben, aber mit dem jetzt so dringend nötigen Abstand zum Geschehen - die Airline ist nicht sein Baby. Man hat ihn angerufen, und das ist erneut der Beweis dafür, dass man es trotz 162 Zentimetern Körpergröße und hochoktavigem Organ so richtig zu was bringen kann: "Ich gehöre zu den kleinen Dicken, die was aushalten."

Vor allem teilt Mehdorn aus, ging bei Heidelberg Druck und der Bahn und geht jetzt beim Sanierungsfall Air Berlin mit der groben Raspel ran. Ein Kostenmanager, den die Airline jetzt braucht. Gut ist, dass er mit 69 Jahren keine politischen Spielchen mehr nötig hat: "Diplomat wollte ich nie werden." Jede Wette, bald gibt es nach der Landung kein Schokoherz mehr.

Wie schön, dass es auch so geht: mit Makeln und Fehlern, was die äußerlichen Unzulänglichkeiten angeht genauso wie die fachlichen und die charakterlichen. Wir haben sie alle. Wichtig ist, dass jeder seine eigenen erkennt und dafür sorgt, dass gewisse Makel eben keine Makel, vielmehr wertvolle Attribute der eigenen Marken-Persönlichkeit sind. Man kann sie nutzen, sie machen unverwechselbar. Und sie unterstützen die Sogwirkung, den Pull-Effekt. Das ist gut, weil nicht der Fleißigste gewinnt, sondern der emotional Intelligenteste, der auf unnachahmliche Weise dafür sorgt, dass die Headhunter von seinen Kompetenzen und Erfolgen auch erfahren.

Jon Christoph Berndt ist Markenexperte, Management-Trainer und Keynote-Speaker. Im Internet unter www.human-branding.de

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