Konflikte sind normal, auch im Job. Um sie zu entschärfen, raten Experten zu einem einfachen Mittel - zu Gesprächen

Wo Menschen zusammenarbeiten, lassen sich Unstimmigkeiten nicht verhindern. Untersuchungen des Wiener Hernstein Instituts für Management und Leadership haben ergeben, dass in Deutschland immerhin 15 Prozent der Arbeitszeit allein für das Austragen von Konflikten verloren gehen.

Doch Unstimmigkeiten sind nicht grundsätzlich negativ, sagt Eberhard Fehlau, Autor des Buchs "Konflikte im Beruf". "Die Frage ist nur, wie ich mit den Konflikten umgehe." Wichtig sei, sachlich und offen für eine Lösung zu sein. Ob der Konflikt gelöst werden kann, liege in der Bereitschaft aller Beteiligten, miteinander zu reden. Sich aus der Kommunikation zu verabschieden sei das Schlimmste, was man machen könne.

"Typische Konflikte in Unternehmen resultieren aus alten Verletzungen, die lange Zeit nicht angesprochen wurden und dann scheinbar plötzlich zum Ausbruch kommen", erklärt Frank Fiedler, Inhaber der Unternehmensberatung Motio in Hamburg. Die Bandbreite der Konflikte ist riesig. Sie entstehen durch Rivalität zwischen zwei Abteilungen, fehlende Organisationsstrukturen, charakterliche Besonderheiten Einzelner.

Interessens- und Verteilungskonflikte sieht die Wirtschaftspsychologin Elisabeth Heckel als ganz typisch an. "Wer darf wann Sommerurlaub machen, wer darf im Einzelzimmer sitzen und wer 'nur' im Gruppenbüro, daran entzünden sich häufig die Konflikte."

Was Mitarbeiter besonders stört? "Eine häufig beschriebene Situation ist die, in der der Chef am Morgen an einem vorbeigeht, ohne zu grüßen. Für viele steht dann schnell fest, dass er einfach total arrogant ist", sagt Fiedler. "Ein typischer Fall von Verzerrung", nennt das Christl Lang, Inhaberin der Unternehmensberatung On Course & Partner. "Denn es besteht ja immerhin die Möglichkeit, dass der Chef in diesem Moment auch einfach nur in Gedanken war."

Gerade Vorgesetzte aber sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Christl Lang: "Ich war mit 20 schon Chefin und wusste keine andere Lösung, als Druck auf meine Mitarbeiter auszuüben, wenn es Streitigkeiten gab." Heute sieht sie Konflikte als Chance - wenn man sie akzeptiert und bearbeitet. Davon, Streitigkeiten zu ignorieren, hält Lang nichts: "Harmonie und stilles Einverständnis sind nicht in jedem Fall erstrebenswert."

Unternehmensberater Frank Fiedler rät: "Der erste Schritt, um den Konflikt zu lösen, ist die Wahrnehmung des anderen zu übersetzen." Wer versucht, den Streit mit den Augen des anderen zu sehen, steigert sein Verständnis für den "Gegner". Und kann oft auch erkennen, was ihn selbst dazu bringt, die Situation so und nicht anders zu bewerten - eine erste Chance für den Positionswechsel. Schritt zwei: "Man darf sich von dem anderen etwas wünschen ", sagt Berater Fiedler. "Keine Forderung stellen, denn die beinhaltet Druck."

Wichtig sei es, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen, so die Lösung von Stefan Kemser, Trainer bei der Haufe Akademie. "Wenn Menschen das gleiche Ziel haben, können sie den Konflikt auch grundsätzlich lösen." Haben zum Beispiel zwei Parteien in einem Team das Ziel, den Umsatz zu steigern und sind sich nur uneins über den Weg, dann ließen sich Kompromisse finden. "Möchte aber eine Partei den Umsatz steigern und die andere vor allem Kosten sparen, dann wird es schwierig, einen gemeinsamen Weg zu finden." Kemser rät, nach einem übergeordneten Ziel zu suchen. "Zum Beispiel wollen ja beide, dass das Unternehmen den Gewinn erhöht."

Am besten, es kommt gar nicht erst zu Reibungsverlusten: "Je klarer der Chef Ziele vorgibt und diese auch erklärt, umso mehr beugt er Konflikten vor", sagt Kemser. Eberhard Fehlau: "Es gibt einen Schlüssel beim Vorbeugen von Streit, und der ist reden, reden, reden." Und wenn der Konflikt doch ausbricht: "Emotionen rausnehmen, die Dinge versachlichen", rät der Experte. Gerade wenn Strukturen eingefahren sind, seien Auseinandersetzungen wichtig für notwendige Veränderungen.