Als Lehrer oder Unternehmensberater: Die Denker sind heute in vielen Jobs gefragt, auch außerhalb der Universität

Über das Thema "Was ist Philosophie?" sind schon ungezählte Bücher geschrieben worden. Und über die Frage "Was macht man nach einem Philosophiestudium?" haben sich Generationen von Eltern die Haare gerauft, wenn ihre Kinder sich dafür entschieden haben. Dem Klischee zufolge sind Philosophen weltfremd und für den Arbeitsmarkt nicht zu gebrauchen.

Aber das stimmt nicht: Ihre Qualifikationen sind sogar zunehmend gefragt. Und auch das Klischee selbst sei falsch, sagt Professor Michael Quante. Er ist Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Philosophie. " Philosophen sind geistig bewegliche und gesellschaftlich interessierte Menschen."

Philosophie sei zwar ein Bildungsstudium und keine Ausbildung für einen bestimmten Beruf, ergänzt Professor Georg Bertram von der Freien Uni Berlin. "Man kann damit genauso Lehrer werden wie Unternehmensberater." Die Chancen, mit einem Philosophie-Abschluss in einen Beruf zu bekommen, seien aber besser geworden.

Nicht zuletzt mit dem Bachelor-Master-System, sagt Quante. "Viele nutzen das Philosophie-Bachelorstudium, um sich zu orientieren", ist seine Erfahrung. Anschließend gebe es eine Auswahl an Masterangeboten, die Spezialisierungen ermöglichten. "Politics, Economics, Philosophy" etwa ist so ein Studienfach, ein "Master of Science"-Abschluss, der an der Universität Hamburg erworben werden kann. Oder "Philosophie, Künste, Medien" - was an der Uni Hildesheim mit Master-Abschluss studiert werden kann. In diesen Studiengängen wird Philosophie mit Inhalten anderer Fakultäten kombiniert. "Mit einem B.A. in Philosophie kommt man gut in anderen Masterstudiengängen unter", sagt Quante.

Diese neuen Möglichkeiten, über den eigenen Tellerrand zu schauen, findet auch Richard David Precht gut. Der Autor hält es für wichtig, dass Philosophie-Studenten sich auch mit anderen Fächern beschäftigen. Dabei sei es eine große Chance für Philosophen, Wissenschaftler miteinander ins Gespräch zu bringen. Dafür sei es aber wichtig, sich nicht nur mit Philosophie auszukennen, sondern zum Beispiel auch mit Psychologie oder mit Ökonomie, Biologie oder Jura zu kombinieren.

Die Berufsaussichten seien auch deshalb besser geworden, weil in vielen Bereichen philosophische Kompetenz verstärkt gefragt ist, sagt Quante. "Der Bedarf an praktischer und angewandter Ethik steigt", sagt der Philosoph. Auch Wirtschaftsunternehmen stellten verstärkt Philosophen ein.

Und auch Schulen sind ein zunehmend wichtiges Arbeitsfeld: Viele Bachelor-Absolventen satteln einen Lehramts-Master drauf, hat Quante beobachtet. Auch deshalb, weil es heute viel mehr Ersatzfächer für Religionsunterricht gibt als noch vor 20 Jahren - als Lehrer sind dafür insbesondere Philosophie-Absolventen gefragt.

Isabel von Wilcke ist auf Umwegen zur Philosophie gekommen: Eingeschrieben hatte sie sich für Angewandte Kulturwissenschaften. Kulturphilosophie wurde bald ein Schwerpunkt. "Ich habe mich in Platons Texte verliebt", erzählt sie. "Es hat mich fasziniert, dass sie 2500 Jahre alt sind und wie der 'Phaidros' auch auf unser Medienzeitalter zutreffen." Der besondere Reiz bestand gerade darin, an antike Texte mit modernen Fragestellungen heranzugehen. An der Philosophie schätzt sie aber auch, dass sie einen dazu bringt, den eigenen Horizont zu erweitern. "Und es fördert das logische Denken."

Inzwischen hat sie schon einige Erfahrung als Tutorin in der Betreuung jüngerer Studenten im Bachelor-Fach Philosophie und ihre eigene Magisterarbeit fertig. Die Lust auf die Beschäftigung mit philosophischen Themen ist dadurch noch größer geworden. Am liebsten würde von Wilcke in Philosophie promovieren und hinterher an der Uni arbeiten.

Michael Quante vom Philosophenverband hält die Chancen für eine Universitätskarriere nicht für aussichtslos: "Die Philosophie ist einer der Gewinner innerhalb der Geisteswissenschaften", sagt er. Sie habe durch die Vernetzung mit anderen Fächern profitiert.

Tiemo Kracht, Geschäftsführer von Kienbaum Executive Consultants in Hamburg, hält die Aussichten für Philosophie-Absolventen sogar für deutlich besser als noch vor ein paar Jahren: "Da ist zum einen der Mangel an Fachkräften, der begünstigt, dass Unternehmen eine andere Flexibilität bei der Suche nach interessanten Persönlichkeiten entwickeln", erklärt er. Zum anderen habe man erkannt, dass Unternehmen davon profitieren, wenn dort Menschen mit ganz unterschiedlicher akademischer Vorbildung zusammenarbeiten, sagt Kracht.