Erst einmal muss ein guter Redner ein guter Beobachter sein, erklärt Pat Johnson vom Rhetorik-Klub Toastmasters

Es sind die großen Dinge, die große Redner antreiben: Sendungsbewusstsein, der Wille etwas zu ändern, die Liebe zu den Menschen. Aber auch Angst. Pat Johnson kam nicht etwa deshalb vor 28 Jahren in Manitoba, Kanada, zu den Toastmasters, weil sie so gern redete - sondern weil sie endlich die Angst davor besiegen wollte: "Ich war schüchtern und hatte große Probleme, vor Leuten zu sprechen oder einen Raum voller Menschen zu betreten."

Bei den Toastmasters wollte Pat Johnson Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein aufbauen. Das ist ihr gelungen: So gut, dass die Toastmasters die ehemalige Sekretärin einer Verwaltung und spätere Führungskräftetrainerin zu ihrer internationalen Präsidentin gemacht haben.

Menschen bei der Entwicklung von Führungskompetenz zu unterstützen, macht der Kanadierin besonders viel Freude: "Ich kann dabei mit sehr verschiedenen Teams arbeiten, Visionen entwerfen und umsetzen helfen." Es komme darauf an, sich Ziele zu setzen und sie konsequent zu verfolgen. Die Zukunft zu gestalten, das sei es, was ihr besonders am Herzen liege. "Dafür brauchen wir Leader", sagt Johnson. Und die müssen reden können. Aber sie müssen auch mit den eher unangenehmen Führungsaufgaben umgehen können. Pat Johnson bereitet sie deshalb in Coachings und Workshops auch auf die schwierigen Gespräche des Berufslebens vor.

Ehrliche und konstruktive Kritik zu üben, dabei aber das Positive herauszustellen, diese Fähigkeit komme im Arbeitsalltag noch immer nicht ausreichend zum Zuge. Pat Johnson will Menschen dazu ermutigen, bessere Führungskräfte zu werden. Sich selbst verkaufen, Interviews führen, zuhören können: "In der Schule und im Studium lernt man das nicht", meint sie. Doch sich gut ausdrücken zu können, sei gerade für Karriereein- und -aufsteiger wichtig. Johnson: "Es ist das gewisse Extra, das man braucht, um den Job zu bekommen."

Eine guter Redner muss also nicht nur seine Botschaft senden, sondern zuallererst zuhören und beobachten können, glaubt die Toastmasters-Chefin. "Immer kritisch, aufmerksam und sorgfältig." Auch Körpersprache und Blickkontakt seien wichtig. Das Reden kommt zuletzt. Das Nervenflattern abstellen kann man nicht. Johnson selbst sagt: "Nervös bin ich immer noch." Die "butterflies" seien bei jedem Auftritt dabei. "Wir lernen sie zu kontrollieren, aber wir werden sie nicht los." Die Tricks, um die Schmetterlinge zu bändigen, fallen allerdings sehr unterschiedlich aus: "Manche Menschen hüpfen hinter der Bühne auf und ab, um sich aufzulockern, andere sind kurz vor ihrem Auftritt ganz ruhig und konzentriert." Jeder müsse für sich selbst herausfinden, was funktioniert.

"Perfekt ist man ohnehin niemals", sagt Johnson. Man kann die Zuhörer nicht zwingen zuzuhören oder einen zu mögen. Die Verbindung mit dem Publikum und Feedback seien aber das Wichtigste. "Es ist eine schreckliche Erfahrung, wenn keine Reaktion kommt. Man muss Emotionen wecken und Vertrauen schaffen." Das gehe am besten, indem man von Erlebnissen und Erfahrungen spreche, die andere teilen. "Eine Art emotionale Spiegelung." Daher sei es auch so wichtig, Anekdoten einzubauen. "An die Rede selbst erinnert sich später meist kaum noch einer, aber an die Geschichten, die erzählt wurden." Bei allem Kalkül sollte man aber doch immer authentisch bleiben. "Das Gefühl kann man nicht 'faken'."

Doch bei allen Kniffen, die man sich für eine Rede zurechtlegen könne, seien Vorbereitung und Übung unverzichtbar, betont Johnson. Wie lange man dafür brauche, hänge von der Erfahrung ab. Für eine fünf- bis siebenminütige Rede müsse man teilweise zwei bis drei Wochen üben. Wenn man 20 Minuten Zeit hat, trainiere man exakt 19,5 Minuten lang zu reden. "Das ist eigentlich wie Kochen", sagt Johnson. "Erst kocht man nach Rezept, dann geht es ans Improvisieren."

Die berühmtesten Reden? John F. Kennedy natürlich mit seiner Rede vor dem Schöneberger Rathaus oder Martin Luther King ("I have a dream ..."). "Das waren schon große historische Momente, an die man sich immer erinnern wird", sagt Pat Johnson. Allen großen Reden gemeinsam sei, dass die Redner eine Beziehung zu den Menschen aufbauen und es schaffen, sie zu berühren. "Eine gute Rede kommt eher vom Herzen als aus dem Kopf."