Die Leserfrage: Ich habe eine Firma und musste einem Mitarbeiter kündigen, mit dessen Leistung und Arbeitseinstellung ich sehr unzufrieden war. Kann ich das ins Zeugnis schreiben?

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Die Formulierung eines Arbeitszeugnisses mit schlechter Leistungs- und Führungsbeurteilung ist nicht einfach. Denn die Arbeitsgerichte verlangen einerseits, dass das Zeugnis der Wahrheit entspricht. Andererseits muss es vom Wohlwollen des Arbeitgebers getragen sein. Die Praxis hat deshalb eine diplomatische Formelsprache entwickelt, mit der trotz positiver Formulierung ein Tadel verbunden wird.

Eine im Sinne der Schulnote 4 "ausreichende" Beurteilung des Arbeitnehmers kann zum Beispiel so umschrieben werden: "Auffassungsgabe, Belastbarkeit, Initiative und Selbstständigkeit entsprachen im Allgemeinen den Anforderungen. Insgesamt hat er die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt." War die Arbeitsleistung sogar "mangelhaft", könnte es heißen: "Er hat sich bemüht, die erforderliche Güte seiner Arbeitsergebnisse zu gewährleisten. Sein Arbeitseinsatz war ausreichend. Die ihm übertragenen Aufgaben hat er im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt."

Das Zeugnis soll Leistung und Führung des Mitarbeiters während des gesamten Arbeitsverhältnisses bewerten. Einzelne Vorfälle oder außerdienstliches Verhalten gehören nicht in das Zeugnis. Bei der Bewertung von Leistung und Führung steht dem Arbeitgeber ein Beurteilungsspielraum zu. Der Arbeitgeber soll sich jedoch am Maßstab eines durchschnittlich befähigten, vergleichbaren Arbeitnehmers orientieren. Beanstandet der Arbeitnehmer die schlechte Beurteilung, ist der Arbeitgeber vor Gericht darlegungs- und beweispflichtig für die unzureichende Arbeitsleistung oder Führung.

Unser Autor Dr. Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Im Internet unter www.rae-gleim.de