Ihr Engagement in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter macht Unternehmen für Mitarbeiter und Bewerber interessant, birgt aber Risiken

"Social Media im Unternehmenseinsatz ist eine gute Nachricht für die Mitarbeiter", sagt Dr. Willms Buhse, Unternehmensberater und Buchautor aus Hamburg. Die Logik dahinter: Nur zufriedene Mitarbeiter zeigen nach außen, dass sie ihre Firma wirklich schätzen und werden zu Markenbotschaftern. "Und darum arbeiten kluge Unternehmen mit hoher Priorität an der Zufriedenheit ihrer Beschäftigten." Offenheit, Transparenz und Vernetzung - das sind für Unternehmen die Erfolgsprinzipien der Zukunft, glaubt Buhse.

Facebook ist als Thema in den Vorstandsetagen der Wirtschaft angekommen. Fast jedes größere Unternehmen sammelt erste Erfahrungen mit dem Medium oder denkt über Strategien nach. Federführend sind meist Kommunikations- und Marketingabteilungen. Inhaltlich am engagiertesten sind die Personaler, ergab eine Untersuchung des Beratungsunternehmens NetFederation für die DAX-Konzerne.

Kleine Firmen können im sozialen Netz mit Tempo und Kreativität punkten

Doch gerade die sozialen Netzwerke bieten auch dem Mittelstand die Chance, in Sachen Arbeitgeberattraktivität mit den Großen gleichzuziehen. Eine Umfrage der Personalberatung von Rundstedt kommt zu dem Schluss: "Großunternehmen werden zwar auch künftig mit mehr Mitteleinsatz ihre Arbeitgebermarken in den Vordergrund stellen können. Aber im Social Web können kleinere Unternehmen diesen Nachteil durch Geschwindigkeit und Kreativität künftig stärker ausgleichen." Dies gelte insbesondere dann, wenn junge Talente angesprochen werden sollen, sagt Geschäftsführerin Sophia von Rundstedt.

Doch laut Schätzungen verbieten etwa 50 Prozent der deutschen Firmen private Internetnutzung am Arbeitsplatz. "Unternehmen schränken den Zugang zum Internet technisch ein oder verbieten die private Nutzung in erster Linie, weil sie eine Verschwendung von Arbeitszeit fürchten", stellt Volker Hassel, Berliner Anwalt und Chefredakteur der Zeitschrift "Arbeit und Arbeitsrecht" fest. Doch die Tendenz geht Richtung Lockerung. Immer mehr Firmen realisieren, dass die Nutzung der Netze positive Effekte hat.

Online Netzwerken ist jedoch mit Risiken verbunden: Insbesondere dann, wenn man die Netze sowohl privat als auch beruflich nutzt. Von einem Phänomen berichtet die Hamburger Medienpsychologin Sabine Trepte. Seit 2005 erforscht die Professorin der Hamburg Media School das Verhalten von Menschen in sozialen Netzen. "Wir haben herausgefunden, dass die Menschen im Laufe der Zeit mehr preisgeben. Das psychologische Bedürfnis der Selbstoffenbarung wird größer." Problematisch kann es werden, wenn man das auch gegenüber "Online-Freunden" tut, die man gar nicht genau kennt oder wenn man schlicht den Überblick verliert, wer alles mitliest.

Die Trennung von Beruf und privat hängt vom Job ab. Bei manchen Berufen stellt schon ein minimaler Einblick ins Privatleben ein hohes Risiko für den Job dar. In anderen Berufen fließen Berufs- und Privatleben so ineinander, dass eine Trennung von beidem eigentlich überflüssig ist. Die meisten Menschen haben auch ein gutes Bauchgefühl, wie viele Informationen aus ihrem Privatleben sie im Job preisgeben wollen. Wichtig ist, nicht zum Opfer der Netzwerkarchitektur zu werden, sondern bewusst zu entscheiden.

Typische Kontroll-Kriterien wären etwa, ob das eigene Profil von Google recherchierbar ist. Viele wissen auch nicht, dass sie in Facebook "Freundeslisten" anlegen können. Darüber lässt sich differenzieren, welcher Personenkreis welche Information bekommt. Kritisch ist auch die Sichtbarkeit von Fotos, die - sofern von einem "Freund" kommentiert - auch für dessen Freunde, obwohl nicht für sie gedacht, sichtbar sind. So kann es passieren, dass auf diesem Wege der Abteilungsleiter ein Foto zu Gesicht bekommt, das er eigentlich gar nicht sehen sollte.

Die Unternehmen, die die sozialen Medien wie Twitter oder Facebook in der Außenkommunikation nutzen, regeln das Engagement ihrer Mitarbeiter in den meisten Fällen über sogenannte Social Media Guidelines. Für den Experten Willms Buhse geht das nicht weit genug. Er empfiehlt, schnell von dem System wegzukommen und auf einen Vernetzungsmodus umzuschalten. "Marketing und Kommunikation bereiten die Bühne. Kunden und Experten können miteinander reden.

Mitarbeiter werden zu echten Fürsprechern ihres Unternehmens

Im Netz werden die Mitarbeiter zu Markenbotschaftern." Dass das funktioniert und sich auch massiv auszahlt, zeigt für ihn die amerikanische Elektronik-Kette "Best Buy". Typische Fragen wie: "Ist dieser Fernseher mit diesem Rekorder kompatibel?" können Kunden auf dem Twitter-Kanal "twelpforce" stellen. Antworten kann jeder Best-Buy-Verkäufer, der Rat weiß und Zeit hat. Die Grenze zwischen Filial- und Online-Kunden ist aufgehoben. Auf diese Weise haben 2000 Best-Buy-Mitarbeiter in drei Monaten 30 000 Kundenanfragen beantwortet.

Mit einem ähnlichen Modell versucht es die Deutsche Telekom. Unter "Telekom hilft" treten sieben Twitter-Betreuer den Beweis an, dass "Service auch mit 140 Zeichen geht". Für Buhse ist das ein Schritt in die richtige Richtung: "Doch wenn sich ein Unternehmen komplett vernetzt, muss die Mitarbeiterzufriedenheit stimmen. Dann stimmen auch Kundenservice und das Bild in den sozialen Netzen."

Video: Ohne Mehrwert keine Fans - Social Media im B2B-Bereich